Gesundheit am Arbeitsplatz
Arzneistoffrückstände im Unit-Dose-Bereich einer Krankenhausapotheke
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung für den Betrieb zu organisieren. Bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für die verschiedenen Bereiche einer Krankenhausapotheke ist dabei ein besonderes Augenmerk auf die Einsatzmöglichkeiten von Mitarbeitenden in Schwangerschaft und Stillzeit zu richten. Im Unit-Dose-Bereich einer Apotheke werden unter anderem Arzneimittel mit kanzerogenen, mutagenen oder reproduktionstoxischen Eigenschaften verblistert. Um im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, einen Anhaltspunkt für die tatsächliche Arzneimittelbelastung in der Raumluft und als Oberflächenkontaminationen im Unit-Dose-Bereich zu erhalten, wurden Luft- und Wischproben genommen, die durch ein externes Labor quantitativ auf Spironolacton, Paracetamol, Prednisolon und Dexamethason sowie qualitativ auf das Vorkommen weiterer Wirkstoffe untersucht wurden. Insgesamt zeigte sich ein niedriges Kontaminationsniveau, insbesondere im Bereich der Schlauchkontrolle. Prednisolon war in allen Luftproben aus dem Herstellungsraum in sehr geringen Mengen nachweisbar. Paracetamol fand sich in allen Luftproben und in fast allen Wischproben. Aus den Messergebnissen wurden Anpassungen der persönlichen Schutzausrüstung abgeleitet und festgelegt, dass Schwangere und Stillende ausschließlich im Kontrollraum ohne Kontakt mit offenen Arzneimitteln arbeiten dürfen.
Schlüsselwörter: Unit-Dose, Arzneimittelverblisterung, Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsplatzsicherheit, Risikobewertung, Mutterschutz, Expositionsmessung
Krankenhauspharmazie 2024;45:413–24.
English abstract
Occupational health – Drug residues in the unit dose area of a hospital pharmacy
Employers are responsible for the workplace safety and occupational health care of their employees. The risk assessments for the various areas of a hospital pharmacy should be created paying particular attention at implications for pregnant and breastfeeding employees and their work environment. In the unit dose production area of a pharmacy, medicines with and without carcinogenic, mutagenic or reprotoxic properties are blister-packed. Approximating the actual drug contamination in the room air and surface contamination in the unit dose production area, air and wipe samples were taken and analyzed quantitatively for spironolactone, paracetamol, prednisolone and dexamethasone as well as qualitatively for the presence of other active substances by an external laboratory as part of the risk assessment for the University Medical Center Schleswig-Holstein, Lübeck campus. Overall, there was a low level of contamination, particularly in the unit dose control area. Prednisolone was detectable at very low levels in all air samples from the production room. Paracetamol was found in all air samples and in almost all wipe samples. Based on the results, adjustments were made to personal protective equipment and pregnant women and nursing mothers have been working in the control room only without contact with open drugs since.
Key words: Unit dose, blister packaging, risk assessment, occupational safety, maternity protection, drug exposure measurement
Intrathekale Arzneimitteltherapie
Aspekte der Herstellung und Therapieplanung am Beispiel von Ribavirin bei Bornavirus-Enzephalitis
Das zentrale Nervensystem (ZNS) ist in besonderem Maße durch die Blut-Hirn-Schranke vor im Blut zirkulierenden Xenobiotika geschützt, nur ausgewählte Substanzen können diese physiologische Barriere überwinden. Dieser Umstand erschwert die Therapie von Erkrankungen wie beispielsweise ZNS-Infektionen, intrazerebralen Blutungen oder Hirntumoren, bei denen Arzneimittel in ausreichender Konzentration in dieses Kompartiment gelangen sollen. Die intrathekale Verabreichung stellt eine Möglichkeit dar, die Blut-Hirn-Schranke zu umgehen und Arzneimittel direkt an den Ort der Erkrankung zu bringen. So können im ZNS Wirkstoffkonzentrationen erzielt werden, die mit systemisch verabreichten Arzneimitteln nicht oder nur unter Inkaufnahme erheblicher Nebenwirkungen erreicht werden könnten. Der vorliegende Beitrag beschreibt die intrathekale Applikation einer Ribavirin-Lösung bei einem Patienten mit Bornavirus-Enzephalitis. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Faktoren, die für eine sichere Arzneimittel-Anwendung bei dieser kritischen Applikationsart beachtet werden müssen.
Schlüsselwörter: Pharmakotherapie, Ribavirin, Bornavirus-Enzephalitis, intrathekale Applikation, Compounding
Krankenhauspharmazie 2024;45:425–31.
English abstract
Intrathecal drug therapy – production and therapy planning of ribavirin in Borna disease virus 1 encephalitis
In rare cases, the Borna disease virus 1 can infect humans and cause severe encephalitis, which is usually fatal. This article describes the intravenous and intrathecal application of ribavirin with particular attention to the antiviral agent ribavirin and its intrathecal use. For intrathecal injections, the pH-value, osmolality, sterility and endotoxin content of the injection solution are crucial for safe use. Excipients and drugs with neurotoxic effects must not be used, and care must be taken to minimize any change in cerebrospinal fluid volume.
Key words: Ribavirin, Borna disease virus, intrathecal, encephalitis, compounding
Optimale Arzneimitteltherapie
Neue Therapien, neue Erkenntnisse
58. Diabetes Kongress 2024
Vom 8. bis 11. Mai 2024 fand der diesjährige Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Berlin statt. Mehr als 6500 Besucher nutzten die Veranstaltung unter dem Motto: „Diabetes. Umwelt. Leben. Perspektiven aus allen Blickwinkeln“, um verschiedene Aspekte des Diabetes mellitus zu betrachten und zu diskutieren. Rund 70 Symposien und 26 Workshops sowie das Jubiläum „60 Jahre DDG“ rundeten die Veranstaltung ab.
Krankenhauspharmazie 2024;45:433–8.
Rechtzeitige Rettung vor Methotrexat-Intoxikation
Die Rolle des richtigen Antidots
Eine 89-jährige Patientin wird freitagnachmittags mit grippeähnlichen Symptomen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, und deutlich verschlechtertem Allgemeinzustand in die internistische Fachklinik überwiesen und stationär aufgenommen. Die Untersuchungen ergeben zunächst keine Erklärung für die Beschwerden. Das Ergebnis der ersten Laboruntersuchung zeigt erhebliche Auffälligkeiten mit Panzytopenie und erhöhten Leberwerten. Schnell besteht der Verdacht einer Intoxikation mit Methotrexat, welches bei der Patientin aufgrund der Polymyalgia rheumatica indiziert ist.
Krankenhauspharmazie 2024;45:439–41.
Medikationsfehler
Problematisch: Mangelware Arzneimittel – Dosierungsfehler durch Lieferengpässe
Lieferengpässe gehören inzwischen zum Alltag einer jeden Apotheke. Sie belasten das Apothekenteam massiv durch zusätzliche Prozessschritte wie die Recherche nach Alternativen, die Abstimmung mit Ärzten oder die Änderung von Rezepten und Therapiestandards. Lieferengpässe binden bei der Suche nach passenden Alternativen viel Personal, denn nicht jedes Ersatzpräparat kann 1 : 1 mit dem üblicherweise vorrätigen ausgetauscht werden, sondern bedarf bei Abgabe und vor Applikationen einer zusätzlichen Information, zum Beispiel zur Dosisumrechnung. Saftzubereitungen scheinen besonders anfällig für Lieferengpässe zu sein.
Protonenpumpeninhibitoren
Verringerte Knochendichte durch PPI bei Rheumapatienten
In einer Studie der Charité Berlin konnte gezeigt werden, dass die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren, insbesondere in Kombination mit Glucocorticoiden, bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen mit einem erhöhten Osteoporose-Risiko verbunden ist. Durch den beobachteten Verlust der Knochendichte steigt das Frakturrisiko um etwa 25 %.
Antibiose bei Harnwegsinfekten
Cefepim/Taniborbactam überlegen bei komplizierten Harnwegsinfekten
Die Ergebnisse der CERTAIN-1-Studie belegen die Überlegenheit der Cephalosporin/Beta-Lactamase-Inhibitor-Kombination Cefepim/Taniborbactam gegenüber Meropenem bei hospitalisierten Patienten mit komplizierten Harnwegsinfekten. Nebenwirkungen traten unter der Kombination häufiger auf als mit Meropenem, schwere unerwünschte Ereignisse waren vergleichbar häufig.
Sepsis
Kontinuierliche vs. intermittierende Infusion von Beta-Lactam-Antibiotika in der Sepsis-Therapie
Beta-Lactam-Antibiotika werden zur initialen Therapie bei Patienten mit Sepsis eingesetzt. Es besteht jedoch Unklarheit, ob eine kontinuierliche Infusion der etablierten Therapie mit intermittierenden Infusionen überlegen ist. Neue Evidenz liefern dazu die vorliegende randomisierte, kontrollierte Open-Label-Studie sowie ein systematischer Review mit Metaanalyse.
Akute Zystitis bei Männern
Schmalspektrum-Antibiotika in norwegischer Studie als Erstlinientherapie empfohlen
Nur wenige Studien haben sich bisher mit der akuten Blasenentzündung bei Männern befasst und die entsprechenden Behandlungsrichtlinien unterscheiden sich von Land zu Land. Im Rahmen einer groß angelegten retrospektiven Studie in Norwegen untersuchte eine Forschergruppe, welche Antibiotika in der Primärversorgung in Norwegen am häufigsten verschrieben werden, wie häufig Komplikationen auftreten und ob ein Antibiotikum mit schmalem Wirkungsspektrum als Erstlinientherapie eingesetzt werden sollte.
Künstliche Beatmung
REVISE-Studie: neue Hinweise zum Nutzen von Pantoprazol zur Stressulkusprophylaxe
In der deutschen Leitlinie zur invasiven Beatmung wird keine routinemäßige Gabe von Säureblockern wie H2-Blocker und Protonenpumpeninhibitoren zur Stressulkusprophylaxe empfohlen, da die Aussagekraft der Studien und Metaanalysen ungenügend und nicht patientenspezifisch ist. In einer aktuellen Interventionsstudie wurde der Nutzen einer Stressulkusprophylaxe mit Protonenpumpeninhibitoren bei kritisch kranken Patienten unter künstlicher Beatmung untersucht.
Akuter ischämischer Schlaganfall
Reteplase einer Therapie mit Alteplase nicht unterlegen
Die systemische Anwendung von Alteplase zählt international zur frühen thrombolytischen Standardbehandlung bei Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall. In der Phase-III-Studie RAISE wurden die Wirksamkeit und Sicherheit des Gewebe-Plasminogen-Aktivators Reteplase im Vergleich zur Standardtherapie mit Alteplase untersucht.
Zertifikatskurs „PTA im Krankenhaus (ADKA)“
Präsenzveranstaltung des vierten Kurses in Hamburg
Seit drei Jahren bietet der gemeinsam vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA) und Deutschen Apotheker Verlag angebotene Zertifikatskurs „PTA im Krankenhaus (ADKA)“ dieser Berufsgruppe die Gelegenheit, theoretische Kenntnisse und praktische Fähigkeiten zu vertiefen. Aufgrund des Erfolgs dieser Fortbildungsreihe wird diese auch im Jahr 2025 fortgesetzt.