Wichtige Mitteilungen der Arzneimittelzulassungs- und Pharmakovigilanzbehörden


Bettina Christine Martini, Legau

In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products). Das PRAC (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee) ist für die Risikobewertung von Arzneimitteln, die in mehr als einem Mitgliedsstaat zugelassen sind, zuständig.

 

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

 

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

 

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe).

 

IQWiG www.iqwig.de G-BA www.g-ba.de

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt Gutachten, auf deren Basis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen eines Arzneimittels gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft.

EMA: Zulassung erfolgt für

  • Dasiglucagon (Zegalogue, Zealand Pharma) zur Behandlung von schwerer Hypoglykämie bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 6 Jahren mit Diabetes mellitus (siehe Notizen Nr. 7/24)
  • Fidanacogen elaparvovec (Durveqtix, Pfizer) bei schwerer und mittelschwerer Hämophilie B (siehe Notizen Nr. 7/24)
  • rADAMTS13 (Adzynma, Takeda) als Enzymersatztherapie bei ADAMTS13-Mangel (siehe Notizen Nr. 7/24)
  • Sugemalimab (Cejemly, SFL) bei NSCLC (siehe Notizen Nr. 7/24)

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung für Afamitresgene autoleucel (Tecelra, Adaptimmune): Die Gentherapie wurde zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit nichtresektablem oder metastasiertem Synovialsarkom, die sich einer vorherigen Chemotherapie unterzogen haben, positiv für HLA-Antigen(e) A*02 : 01P, -A*02 : 02P, -A*02 : 03P oder -A*02 : 06P sind und deren Tumor das MAGE-A4-Antigen exprimiert, festgestellt durch von der FDA zugelassene Begleitdiagnostik.

Die Therapie erhielt „Orphan drug“-, „Regenerative Medicine Advanced Therapy“- und „Prioritiy-Review“-Status.

Mitteilung der FDA vom 2.8.2024

 

Zulassung für Epinephrin-Nasenspray (Neffy, ARS Pharmaceuticals): Das Epinephrin-Spray wurde als erstes Nasenspray zugelassen zur Notfallbehandlung allergischer Reaktionen (Typ I), einschließlich lebensbedrohlicher Reaktionen (Anaphylaxie), bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit einem Gewicht von mindestens 30 Kilogramm. Dem Epinephrin-Nasenspray wurde „Fast-Track-Status“ erteilt.

Mitteilung der FDA vom 9.8.2024

 

Notfallzulassung für aktualisierte mRNA-COVID-19-Impfstoffe (Comirnaty, Pfizer und Spikevax, Moderna): Die Impfstoffe enthalten eine monovalente (einzelne) Komponente, die der Omikron-Variante KP.2 des SARS-CoV-2-Stamms entspricht. Die mRNA-COVID-19-Impfstoffe wurden mit dieser Formel aktualisiert, um die derzeit zirkulierenden Varianten gezielter zu bekämpfen und einen besseren Schutz vor schwerwiegenden Folgen von COVID-19, einschließlich Krankenhausaufenthalt und Tod, zu bieten.

Mitteilung der FDA vom 22.8.2024

 

Zulassung für Nalmefenhydrochlorid-Autoinjektor (Zurnai, Purdue Pharma LP): Der Autoinjektor wurde zugelassen zur Notfallbehandlung bekannter oder vermuteter Opioid-Überdosierungen bei Erwachsenen und Kindern ab 12 Jahren. Im Mai 2023 wurde bereits ein Nasenspray mit Nalmefen zugelassen. Die Zulassung erfolgte mit „Fast-Track“- und Prioritiy-Review“-Status.

Mitteilung der FDA vom 7.8.2024

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ und des BfArM

Rote-Hand-Brief zu Glatirameracetat (Copaxone, Teva und Generika) wegen anaphylaktischen Reaktionen, die Monate bis Jahre nach Beginn der Behandlung auftreten können:

Eine EU-weite Überprüfung ergab, dass unter Glatirameracetat noch Monate bis Jahre nach Beginn der Behandlung anaphylaktische Reaktionen auftreten können. Diese können kurz nach der Verabreichung von Glatirameracetat auftreten und einen tödlichen Ausgang haben.

  • Patienten sowie betreuende Personen sollten über die Anzeichen und Symptome anaphylaktischer Reaktionen informiert werden.
  • Im Falle einer anaphylaktischen Reaktion ist unverzüglich ärztliche Notfallhilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Bei Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion muss die Behandlung mit Glatirameracetat abgebrochen werden.
  • Anzeichen und Symptome einer anaphylaktischen Reaktion können sich mit denen einer Post-Injektionsreaktion überschneiden. Dazu zählen gemäß Fachinformation Flush, Brustschmerzen, Dyspnoe, Herzklopfen oder Tachykardie.

Glatirameracetat ist zur Behandlung von schubförmiger multipler Sklerose indiziert.

AkdÄ Drug Safety Mail Nr. 35 vom 19.8.2024

Rote-Hand-Brief zu Obeticholsäure (Ocaliva, Advanz Pharma) – Empfehlung zum Widerruf der Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Europäischen Union aufgrund eines nicht bestätigten klinischen Nutzens:

Eine konfirmatorische klinische Studie bei Patienten mit primär biliärer Cholangitis (PBC) hat den klinischen Nutzen von Ocaliva (Obeticholsäure) nicht bestätigt.

  • Sensibilisierung für Lieferengpässe und den damit möglicherweise verbundenen Dosierungsänderungen
  • Erhöhte Aufmerksamkeit bei der Applikation von Arzneimitteln, vor allem bei flüssigen Zubereitungen, um Dosisänderungen vor Applikation zu verifizieren
  • Doppelkontrolle bei Applikation
  • Wechsel auf eine feste, orale Arzneiform (Tablette oder Kapsel)

Obeticholsäure wurde 2016 für die Behandlung von PBC in Kombination mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) bei Erwachsenen zugelassen, die unzureichend auf UDCA ansprechen, sowie als Monotherapie, wenn UDCA nicht toleriert wird.

AkdÄ Drug Safety Mail Nr. 31 vom 1.8.2024

Nutzenbewertung zum Zusatznutzen nach AMG: Mitteilungen des G-BA und IQWiG

Erneute Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Daridorexant (Quviviq, Idorsia) zur Behandlung von Erwachsenen mit Schlafstörungen (Insomnie), deren Symptome seit mindestens drei Monaten anhalten und eine beträchtliche Auswirkung auf die Tagesaktivität haben: Ein Zusatznutzen (gegenüber best supportive care) ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Decitabin/Cedazuridin (Inaqovi, Otsuka Pharma) als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (AML), für die eine Standard-Induktionschemotherapie nicht in Frage kommt: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Enalapril (Aqumeldi, Proveca) zur Behandlung von Herzinsuffizienz bei Kindern ab der Geburt bis zum Alter von unter 18 Jahren: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Fezolinetant (Veoza, Astellas Pharma) für die Behandlung von moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen, die mit der Menopause assoziiert sind:

  • Bei Frauen, für die eine Hormontherapie in Frage kommt und die sich nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung für eine Hormonersatztherapie entschieden haben: Ein Zusatznutzen (gegenüber einer Hormonersatztherapie) ist nicht belegt.
  • Bei Frauen, für die eine Hormontherapie nicht in Frage kommt oder die sich nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung gegen eine Hormonersatztherapie entschieden haben: Es besteht ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen (gegenüber beobachtendem Abwarten).

Mitteilung des G-BA vom 1.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Momelotinib (Omjjara, GlaxoSmithKline) zur Behandlung von krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomen bei erwachsenen Patienten mit moderater bis schwerer Anämie, die an primärer Myelofibrose, Post-Polycythaemia-vera-Myelofibrose oder Post-Essenzieller Thrombozythämie-Myelofibrose erkrankt sind, und die nicht mit einem Januskinase(JAK)- Inhibitor vorbehandelt sind oder die mit Ruxolitinib behandelt wurden: Momelotinib ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens, somit gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. Für das Ausmaß des Zusatznutzens gilt: Es besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.

  • Bei Patienten, die nicht mit JAK-Inhibitoren therapiert wurden, besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.
  • Bei Patienten, die mit Ruxolitinib behandelt wurden, besteht ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Nirsevimab (Beyfortus, Sanofi) zur Prävention von respiratorischen Synzytial-Virus(RSV)-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern während ihrer ersten RSV-Saison: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt, unabhängig davon, ob eine Therapie mit Palivizumab angezeigt ist oder nicht.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Patiromer (Veltassa, Fresenius Medical Care Nephrologica) bei dem neuen Anwendungsgebiet „Behandlung einer Hyperkaliämie bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren“: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 1.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Quizartinib (Vanflyta, Daiichi Sankyo) in Kombination mit einer Standard-Cytarabin- und Anthrazyklin-Induktionschemotherapie und einer Standard-Cytarabin-Konsolidierungschemotherapie, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Quizartinib als Monotherapie bei erwachsenen Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (AML), die FLT3-ITD-positiv ist: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 1.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Rezafungin (Rezzayo, Mundipharma) zur Behandlung der invasiven Candidainfektion bei Erwachsenen: Rezafungin ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens, somit gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. Für das Ausmaß des Zusatznutzens gilt: Es besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.

Mitteilung des G-BA vom 1.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Rozanolixizumab (Rystiggo, UCB Pharma) als Zusatzbehandlung zur Standardtherapie von generalisierter Myasthenia gravis bei erwachsenen Patienten, die Antikörper-positiv bezüglich AntiAChR (Acetylcholinrezeptor)- oder Anti-MuSK (muskelspezifische Tyrosinkinase) sind: Rozanolixizumab ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens, somit gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt.

  • Anti-AChR-Antikörper-positive Patienten: Es besteht ein Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
  • Anti-MuSK-Antikörper-positive Patienten: Es besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Talazoparib (Talzenna, Pfizer) in Kombination mit Enzalutamid zur Behandlung erwachsener Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (metastatic castration-resistant prostate cancer, mCRPC), bei denen eine Chemotherapie klinisch nicht indiziert ist:

  • Patienten, die keine vorherige Therapie des mCRPC erhalten haben ohne HRR-Defizienz: Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen.
  • Patienten, die keine vorherige Therapie des mCRPC erhalten haben mit HRR-Defizienz: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Patienten, die eine vorherige Therapie des mCRPC erhalten haben: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Ublituximab (Briumvi, Neuraxpharm) für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (RMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung:

  • Patienten, die bislang noch keine krankheitsmodifizierende Therapie erhalten haben und keine Hinweise für einen schweren Krankheitsverlauf aufweisen: Es besteht ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.
  • Patienten, die bislang noch keine krankheitsmodifizierende Therapie erhalten haben und Hinweise für einen schweren Krankheitsverlauf aufweisen, sowie Erwachsene, die trotz Behandlung mit einer krankheitsmodifizierenden Therapie einen aktiven Krankheitsverlauf zeigen: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 1.8.2024

 

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie für Zilucoplan (Zilbrysq, UCB Pharma) als Zusatztherapie zur Standardbehandlung der generalisierten Myasthenia gravis (gMG) bei erwachsenen Patienten, die Anti-Acetylcholinrezeptor (AChR)-Antikörper-positiv sind: Ein Zusatznutzen (gegenüber Eculizumab) ist nicht belegt.

Mitteilung des G-BA vom 15.8.2024

Krankenhauspharmazie 2024; 45(10):454-456