KPH goes international!?
Thrombopoetin-Rezeptoragonisten aus klinisch-pharmazeutischer Sicht
Rückblick, Status quo und Perspektiven
Die Thrombopoetin-Rezeptoragonisten (TPO-RA) Avatrombopag, Eltrombopag, Lusutrombopag und Romiplostim sind in der Lage, in verschiedenen Anwendungsgebieten die Zahl der Blutplättchen zu erhöhen. Zunächst waren es das oral applizierbare Eltrombopag und der Peptibody Romiplostim, die die Behandlung der refraktären idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (ITP) voranbrachten, dann folgte durch Avatrombopag und Lusutrombopag ein verbessertes Thrombozytopenie-Management vor elektiven Eingriffen bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, schließlich auch der mögliche Einsatz von Eltrombopag bei schwerer aplastischer Anämie oder Interferon-assoziierter Thrombopenie bei Hepatitis C. Ermutigend sind auch die Studienergebnisse mit z.B. Romiplostim bei Chemotherapie-assoziierter Thrombozytopenie, eine Zulassung für diese Anwendung steht allerdings noch aus. Möglichkeiten eines Substanzwechsels (Switch) innerhalb der TPO-RA, die Beurteilung des Neben- und Wechselwirkungsrisikos sowie Dosierungsempfehlungen im Off-Label-Use verlangen ein tiefes Verständnis zur klinischen Pharmakologie der einzelnen Vertreter, das nicht unterschätzt werden darf.
Schlüsselwörter: Thrombopoetin-Rezeptoragonisten, Avatrombopag, Eltrombopag, Lusutrombopag, Romiplostim, Anwendungsgebiete, Pharmakokinetik, Off-Label-Use
Krankenhauspharmazie 2023;44:384–92.
English abstract
Thrombopoietin-receptor agonists – clinical-pharmaceutical considerations: Review – Status quo and perspectives
Thrombopoietin-receptor agonists (TPO-RAs) like avatrombopag, eltrombopag, lusutrombopag and romiplostim are able to increase platelet counts in different indications. First, orally used eltrombopag and the peptibody romiplostim improved the treatment of idiopathic thrombocytopenic purpura (ITP), followed by avatrombopag and lusutrombopag which optimized the thrombopenia management in patients with chronic liver disease undergoing elective procedures. Solely, eltrombopag has been meanwhile approved for its use in severe aplastic anemia as well as thrombocytopenia in interferon-associated therapy of HCV. Encouraging study results have been published, e.g. with romiplostim, as supportive agent in chemotherapy-related platelet decrease, however, an approval of TPO-RAs for this indication is still missing. The feasibility of TPO-RA switch, the spectrum of potential drug-drug-interactions and side effects as well as dosing recommendations in case of off-label-use (e.g. oncology) warrant a deep understanding of TPO-RAs clinical pharmacology which should not be underestimated.
Key words: Thrombopoietin-receptor agonists, avatrombopag, eltrombopag, lusutrombopag, romiplostim, indications, pharmacokinetics, off-label-use
Empfehlungen zu Standardkonzentrationen für die kontinuierliche Infusion auf Intensivstationen …
Bei Intensivpatienten werden zahlreiche Arzneimittel kontinuierlich mit standardisierten Konzentrationen in einem Volumen von 50 ml infundiert und die patientenindividuelle Dosis über die Infusionsgeschwindigkeit gesteuert. Bisher gibt es keine bundeseinheitliche Liste mit Standardkonzentrationen für die kontinuierliche Infusion auf Intensivstationen. Erstmals wurde eine solche Empfehlungsliste durch eine mandatierte Arbeitsgruppe des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI) in einem mehrstufigen Prozess erarbeitet. Die bundeseinheitliche Standardkonzentrationsliste Dauerinfusionen enthält 41 Wirkstoffe mit 49 Standardkonzentrationen, sowie Informationen zu geeigneten Trägerlösungen und zur physikalisch-chemischen Stabilität. Sie stellt einen wesentlichen Baustein zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit dar.
Schlüsselwörter: Kontinuierliche Infusion, Standardkonzentration, Intensivpatienten, Arzneimitteltherapiesicherheit, nationale Empfehlungsliste
Krankenhauspharmazie 2023;44:393–9.
English abstract
Nationwide continuous infusion standard in intensive care patients (standardized concentration list for continuous infusion)
Numerous medications are continuously administered in intensive care patients. To minimize medication errors standardized concentrations and dose adjustment by the infusion rate are recommended. A nationwide continuous infusion standard for intensive care patients was compiled by a working group of the German Society of Hospital Pharmacists (ADKA e.V.) and the German Interdisciplinary Association of Intensive and Emergency Care (DIVI). The national continuous infusion standard contains 41 active substances and 49 standard concentrations, recommended vehicle solutions and physicochemical stability data. Health care professionals in intensive care units are encouraged to adopt this standardized concentration list.
Keywords: continuous infusion, standard concentration, intensive care patient, medication safety, German national standard list
Interview mit Prof. Dr. med. Alexander Brinkmann
Das Interview führten Dr. Ute Chiriac, Dr. Heike Hilgarth und Dr. Wiltrud Probst
Krankenhauspharmazie der Zukunft
27. EHAP-Kongress in Lissabon
Unter dem Motto „From drug design to treatment success – what really matters to patients?“ fand der diesjährige Kongress der European Association of Hospital Pharmacists (EAHP) im März in Lissabon statt. Beleuchtet wurden unter anderem Themen wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz im pharmazeutischen Umfeld sowie Umweltaspekte der Arzneimitteltherapie.
Krankenhauspharmazie 2023;44:402–4.
Medikationsfehler
„Dr. Google“ hat gesagt, dass das gut ist …
Das Internet ist für viele Patienten erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen und einzelnen Symptomen. Tipps aus dem Internet werden von vielen Patienten als Best Practice angesehen und ohne Abstimmung mit einem Arzt umgesetzt. Dass diese häufig von Laien verfasst und damit wissenschaftlich nicht belegt oder anteilig unseriös sind, bemerken und wissen viele Patienten nicht. Unkritisch werden Empfehlungen übernommen und führen unter Umständen leider zu lebensbedrohlichen Medikationsfehlern.
Ambulant erworbene Pneumonie
Hydrocortison verringert Sterberisiko bei intensivpflichtiger Pneumonie
Glucocorticoide haben starke antientzündliche Effekte und werden bei schweren ambulant erworbenen Lungenentzündungen eingesetzt, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Ob das auch zu einer geringeren Sterblichkeit führt, konnte bisher nicht eindeutig festgestellt werden.
Harnwegsinfekt
Kürzere Antibiotikatherapie ist für Kinder eine Option
Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass Kinder mit Harnwegsinfekten, die standardmäßig zehn Tage lang mit Antibiotika behandelt werden, weniger häufig ein Therapieversagen aufweisen als solche mit einer kürzeren Antibiotikatherapie. Es kam jedoch auch unter der kürzeren Therapie nur selten zu einem Therapieversagen. Demnach kann diese Option bei Kindern in Betracht gezogen werden, die nach fünf Tagen Antibiotikatherapie eine Besserung zeigen.
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom
Cabozantinib in Kombination mit Nivolumab und Ipilimumab
Der Tyrosinkinase-Inhibitor Cabozantinib ist zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zugelassen. Die vorliegende doppelblinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie COSMIC-313 untersuchte den Nutzen von Cabozantinib in Kombination mit Nivolumab und Ipilimumab bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom.
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
Weniger Exazerbationen und Krankenhausaufenthalte unter LAMA-LABA-Inhalatoren
Die Einnahme von Kombinationspräparaten mit langwirksamen Muscarin-Antagonisten und langwirksamen β-Agonisten (LAMA-LABA) zeigte in einer Kohortenstudie eine geringere Inzidenz von mittelschweren oder schweren COPD-Exazerbationen und eine geringere Inzidenz von Krankenhausaufenthalten aufgrund einer Lungenentzündung im Vergleich zur Anwendung von Inhalatoren mit inhalativen Glucocorticoiden und LABAs (ICS-LABAs).
Infektiologie
PCSK9-Inhibitoren und Sepsis: Scheinbar kein Zusammenhang
Die Gabe von PCSK9-Inhibitoren wie Alirocumab, Evolocumab oder Inclisiran soll sich einerseits positiv auf den Verlauf einer Sepsis auswirken, andererseits werden Atemwegsinfektionen als häufige unerwünschte Arzneimittelwirkung der Substanzklasse berichtet. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von PCSK9-Inhibitoren und dem Auftreten von Infektionskrankheiten gibt, wollten die Autoren mit der vorliegenden Metaanalyse näher untersuchen.
Niedrigmalignes Gliom
Mit Vorasidenib länger progressionsfrei leben
INDIGO ist die erste randomisierte Phase-III-Studie mit einer zielgerichteten Therapie bei IDH1/2-mutierten Gliomen des Grades II. Die Ergebnisse zeigen, dass Vorasidenib das Risiko für eine Tumorprogression oder Tod um 61 % verringerte. Außerdem konnte der Wirkstoff im Vergleich zu Placebo die Notwendigkeit von toxischeren Therapien wie Strahlen- oder Chemotherapie und deren Nebenwirkungen deutlich hinauszögern. Die Studie wurde während des amerikanischen Krebskongresses (ASCO) 2023 vorgestellt.