G-BA-Beschluss

Tirzepatid bei Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Diabetes mellitus Typ 2


Annika Harsch, Stuttgart

Im September 2022 hat die Europäische Kommission den dualen GIP- und GLP-1-Rezeptoragonisten Tirzepatid zur Therapie von Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen. Seit Dezember 2023 ist das Arzneimittel auch zur Gewichtskontrolle bei Adipositas oder Übergewicht mit gewichtsbedingten Begleiterkrankungen indiziert. In einer frühen Nutzenbewertung des G-BA wurde die Anwendung von Tirzepatid bei Typ-2-Diabetes nun für acht Behandlungsgruppen evaluiert. Aufgrund fehlender bzw. unsicherer Studiendaten konnte lediglich für eine Patientengruppe ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen festgestellt werden.

Wie lautet die Zulassung?

Tirzepatid ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes als Ergänzung zu Diät und Bewegung. Folgende Indikationen für Tirzepatid werden unterschieden:

  • als Monotherapie, wenn die Einnahme von Metformin aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht angezeigt ist
  • zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von Diabetes mellitus

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Der G-BA unterscheidet in seinem Beschluss acht Patientengruppen mit oder ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung, die mit einer bzw. mehreren zusätzlichen blutzuckersenkenden Therapien inklusive Diät und Bewegung bisher keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht haben.

Bei folgender Patientengruppe sieht der G-BA für Tirzepatid einen Anhaltspunkt für einen gerinen Zusatznutzen:

Insulin-erfahrene Erwachsene mit Diabetes mellitus Typ 2 ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung, die mit ihrem bisherigen Insulinregime zusätzlich zu Diät und Bewegung keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht haben.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Eskalation der Insulintherapie (konventionelle Therapie ggf. + Metformin oder Dulaglutid bzw. intensivierte Insulintherapie)

Wie ist die Studienlage?

Der Zusatznutzen wurde anhand von Daten der offenen, randomisierten, aktiv-kontrollierten Studie SURPASS-6 mit vier parallelen Armen beurteilt. In der Studie wurde die Gabe von Tirzepatid (je 5 mg, 10 mg bzw. 15 mg pro Woche) bzw. Insulin lispro jeweils in Kombination mit Insulin glargin und ggf. Metformin untersucht. Die Behandlungsphase dauerte 52 Wochen. 1428 Personen wurden in die Studie eingeschlossen, 82 % der Teilnehmer waren für die Bewertung der untersuchten Patientengruppe (keine manifeste kardiovaskuläre Vorerkrankung) relevant.

Die Endpunktkategorien für die Prüfung des Zusatznutzens umfassten Mortalität, Morbidität, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen.

Für die Kategorie Mortalität und gesundheitsbezogene Lebensqualität ergaben sich signifikante Unterschiede zugunsten von Tirzepatid bezüglich der Endpunkte Gesundheitszustand (EQ-5D-VAS-Score) und Lebenqualität (SF-36 beim psychischen Summenscore).

In der Endpunktkategorie Nebenwirkungen zeigte Tirzepatid Vorteile in der Gesamtrate der schwerwiegenden Ereignisse, aber Nachteile für den Endpunkt „Abbruch aufgrund unerwünschter Ereignisse“. Für spezifische unerwünschte Ereignisse war Tirzepatid vorteilhaft bezüglich schwerer Hypoglykämien und nicht schwerer symptomatischer Hypoglykämien, aber nachteilig bezüglich Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Insgesamt wurde die Effektrichtung für die Endpunktkategorie Nebenwirkungen vom G-BA als positiv bewertet.

Warum hat der G-BA so entschieden?

Aufgrund methodischer Unsicherheiten der SURPASS-6-Studie, beispielsweise wegen des offenen Studiendesigns ergeben sich Einschränkungen, die die Aussagekraft der Ergebnisse minimieren. Daher wurde die Aussagesicherheit in die Kategorie Anhaltspunkt eingeordnet.

Kosten

Nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte ergeben sich für das bewertete Arzneimittel Jahrestherapiekosten von 3175 bis 4233 Euro pro Patient. Hinzu kommen Kosten für etwaige Kombinationstherapien.

Quellen

Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss. Tirzepatid (Diabetes mellitus Typ 2) vom 02.05.2024.

Gemeinsamer Bundesausschuss. Tragende Gründe zum Beschluss. Tirzepatid (Diabetes mellitus Typ 2) vom 02.05.2024.

Krankenhauspharmazie 2024; 45(06):281-281