Dr. Maja M. Christ, Stuttgart
Wie lautet die Zulassung?
Lonapegsomatropin (Skytrofa, Ascendis Pharma) ist zugelassen zur Behandlung von Wachstumsstörung bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 18 Jahren aufgrund unzureichender Sekretion des endogenen Wachstumshormons (Wachstumshormonmangel [GHD]). Es handelt sich um ein Arzneimittel für ein seltenes Leiden.
Wie lautet der Beschluss des G-BA?
Es besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.
Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?
Bei Orphan-Drugs legt der G-BA zunächst keine zweckmäßige Vergleichstherapie fest. Er bewertet das Ausmaß des Zusatznutzens ausschließlich auf Grundlage der Zulassungsstudien unter Angabe der Aussagekraft der Nachweise.
Wie ist die Studienlage?
Für die Bewertung des Zusatznutzens wurden die Studien heiGHt und CT-301-CN sowie eine Metaanalyse beider Studien herangezogen. In den randomisierten, offenen, aktiv kontrollierten Phase-III-Studien wurde Lonapegsomatropin gegenüber Somatropin verglichen. HeiGHt wurde weltweit in 15 Ländern durchgeführt, CT-301-CN nur in China. Die Teilnehmer erhielten 2 : 1 randomisiert entweder Lonapegsomatropin (0,24 mg/kg/Woche s. c.; n = 106 bzw. 101) oder Somatropin (0,034 mg/kg/Tag s. c.; n = 56 bzw. 53). Einer 6-wöchigen Screening-Phase folgte die 52-wöchige Behandlungsphase; heiGHt umfasst zudem eine einarmige Extensionsstudie. In heiGHt waren präpubertäre Kinder mit GHD von 3 bis ≤ 12 bzw. 11 Jahren (Jungen bzw. Mädchen) eingeschlossen, in CT-301-CN von 3 ≤ 17 Jahren. Es wurde ein Cut-off von ≤ 10 ng/ml in der höchsten gemessenen Wachstumshormon(GH)-Konzentration als Einschlusskriterium festgelegt. Primärer Endpunkt war die jährliche Wachstumsgeschwindigkeit in cm/Jahr nach 12 Monaten Behandlung. Die standardisierte Körpergröße wurde mittels Standard Deviation Score (SDS) berechnet, der die Anzahl der Standardabweichungen (SD) vom alters- und geschlechtsspezifischen Normwert widerspiegelt. In CT-301-CN erfolgte eine Auswertung mittels ANCOVA, in heiGHt eine prädefinierte Auswertung mittels MMRM sowie eine nicht präspezifizierte Auswertung mittels ANCOVA.
Mortalität: Es gab keine Todesfälle.
Morbidität: In CT-301-CN und der Metaanalyse beider Studien war Lonapegsomatropin Somatropin signifikant überlegen. In heiGHt ergab sich lediglich in der nicht prädefinierten Auswertung unter Verwendung der ANCOVA ein statistisch signifikanter Unterschied, jedoch nicht in der MMRM-Analyse. Die klinische Relevanz des Unterschiedes lässt sich jedoch nicht abschließend bewerten.Der primäre Endpunkt Wachstumsgeschwindigkeit liefert keine über die Stehhöhe hinausgehende Informationen über das Wachstum für die Nutzenbewertung und wurde daher nur ergänzend dargestellt. Er war in beiden Studien unter Lonapegsomatropin signifikant besser.
Lebensqualität: In den Studien wurden keine Daten zur Lebensqualität erhoben.
Nebenwirkungen: Insgesamt traten nur wenige schwere oder schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (UE), bzw. Therapieabbrüche aufgrund von UE auf. Sie waren in beiden Gruppen ähnlich häufig.
Warum hat der G-BA so entschieden?
Für Orphan-Drugs gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. Der G-BA bestimmt lediglich das Ausmaß des Zusatznutzens. Für die vorgelegten Studien wurde das Verzerrungspotenzial aufgrund des offenen Studiendesigns als hoch eingeschätzt, für den Endpunkt Körpergröße (SDS) jedoch als niedrig. Der G-BA monierte u. a., dass in den Studien ein Cut-off von < 10 ng/ml verwendet wurde. Da der Cut-off zur Diagnostik eines Wachstumshormonmangels bei Kindern und Jugendlichen in der aktuellen S2e-Leitlinie [1] inzwischen bei < 8 ng/ml liegt, bliebe unklar, ob alle eingeschlossenen Teilnehmer einen GHD aufweisen. Daher wurde die Aussagekraft in die Kategorie „Anhaltspunkt“ eingestuft. In der Gesamtschau ergab sich ein nicht-quantifizierbarer Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.
Quellen
Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss. Lonapegsomatropin (Wachstumsstörung durch Wachstumshormonmangel, ≥ 3 bis < 18 Jahre) vom 7. März 2024.
Gemeinsamer Bundesausschuss. Tragende Gründe zum Beschluss. Lonapegsomatropin (Wachstumsstörung durch Wachstumshormonmangel, ≥ 3 bis < 18 Jahre) vom 7. März 2024.
Literatur
1. AWMF. Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter. S2e-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 174-002. Stand 14.03.22.
Krankenhauspharmazie 2024; 45(05):207-207