Sind Uniklinikapotheken und Uniklinikapotheker:innen eigentlich etwas Besonderes?


Torsten Hoppe-Tichy

Foto: privat

Ich gebe es unumwunden zu: Der Titel (und auch der nachfolgende Text) ist provokant – er wird nicht jeder Kollegin und jedem Kollegen gefallen – und soll es auch sein.

Ich erinnere mich noch zu gut an die Diskussionen um die ersten Uniklinikapotheker:innentreffen Anfang der 90er-Jahre. Es gab damals, auch von einem Uniapotheker selbst, den Vorwurf der Separierung der Uniapotheker:innen, der Bildung einer elitären, abgehobenen Gruppe. Für mich war das seinerzeit allerdings unverständlich, nahm ich doch erstens die Uniapotheker:innen bis auf wenige Ausnahmen nicht als Leuchttürme der Krankenhauspharmazie wahr und dachte ich doch zweitens, dass wir in den Uniklinikapotheken durchaus andere, in Forschung und Lehre lokalisierte, Aufgaben und Gesprächsinhalte hätten. Das erste Uniklinikapotheker:innentreffen in Heidelberg hatte denn auch ein veröffentlichtes Ergebnis in dieser Richtung mit der Heidelberger Resolution zur Rolle der Krankenhausapotheker:innen im Rahmen von klinischen Studien zu bieten.

Nichtsdestotrotz muss ich konstatieren, dass die Tagungsinhalte nicht immer so gestaltet waren (und sind), dass man sagen könnte „uniklinikapothekenspezifisch“.

Nun hat sich seitdem die Uniklinikapothekenlandschaft in der Tat zum Positiven verändert. Es gibt nun diese akademischen Leuchttürme unter den Uniklinikapotheken, teilweise sind die Leiter:innen habilitiert, wir haben einige habilitierte Mitarbeiter:innen und es sind einige Forschungsprojekte in Uniklinikapotheken initiiert worden, durchaus auch mit einem wichtigen Outcome für die Krankenhausapothekenlandschaft generell.

Können wir uns in den Uniklinikapotheken also zurücklehnen und in unseren jährlichen Treffen darauf beschränken, uns selbst zu loben? Sicher nicht! Es ist noch lange nicht so, wie ich mir die Rolle der Uniklinikapotheken vorstelle.

Die Sichtbarkeit der Uniklinikapotheker:innen in Forschung und Lehre manifestiert sich in Publikationen in peer-reviewed Fachzeitschriften und in aktiven Kongressteilnahmen (Vorträge, Präsentationen). Im internationalen Raum sind wir immer noch marginal und auf wenige Leuchttürme beschränkt repräsentiert.

Die akademische Unterstützung der Kolleg:innen in kleineren Häusern zur Durchführung eigener wissenschaftlicher Projekte hat noch viel Luft nach oben.

Woran liegt das?

Eines der Probleme betrifft die Uniklinikapotheken genauso wie viele kleiner Krankenhausapotheken: Es ist der Mangel an Zeit. Um wissenschaftliche Projekte voranzutreiben, braucht es diese. Und um Zeit zu gewinnen, braucht es jemanden, der Freiräume für Forschung und Lehre schafft, es braucht Delegation und es muss bei allen Kolleg:innen ein Verständnis innerhalb der Uniklinikapotheken für die Wichtigkeit dieser Aufgaben geben. Dieser „Jemand“ kann nur der/die Chefapotheker:in sein.

Erfolgskritisch ist auch eine optimale Vernetzung der „Forscher“ in den Krankenhausapotheken auf nationaler und internationaler Ebene, auch die Wissenschaftsreferentin unseres Bundes- und Fachverbands gehört in dieses Netzwerk. Wir als Chefapotheker:innen müssen die Möglichkeiten für das Vernetzen ermöglichen, also unsere „Forscher“ zu wissenschaftlichen Kongressen schicken, sie ermutigen und auffordern, aktiv in den Netzwerken mitzuarbeiten und nicht nur im eigenen Uniklinikapothekenbereich tätig zu sein. Wir schmoren alle noch viel zu oft „im eigenen Saft“, wie es so schön heißt, und machen ausschließlich unser eigenes Ding, was natürlich auch einfacher ist, weil uns niemand reinredet. Wissenschaft lebt aber vom Austausch, von Präsentation und Widerrede, vom Erklärenmüssen. Im kleinen, eigenen Kämmerlein ist dies nur schwerlich möglich.

Natürlich begibt man sich beim Aufbau eines Bereichs Forschung und Lehre in einer Uniklinikapotheke in ein neues Risiko: Man tummelt sich dann im Haifischbecken der medizinischen Fakultäten, man steht in Konkurrenz um Drittmittel, ist auch ein Bereich, der dann aus dem Budget der leistungsorientierten Mittelvergabe Gelder haben möchte. Dieses gilt es dann auszuhalten und die Herausforderungen als Chefapotheker:in anzunehmen. Und es besteht ein weiteres Risiko, das ich persönlich allerdings als große Chance ansehe: Die Uniklinikapotheke muss dann über kurz oder lang auch „akademisiert“ werden, das heißt, sie bekommt einen Institutscharakter und bedarf dann u. U. auch einer habilitierten Leitung oder zumindest einer Leitung mit einem starken, wissenschaftlichen Profil, gezeigt durch ausgewiesene, wissenschaftliche Publikationen mit eigenem Forschungsprofil. Hier muss sicherlich konstatiert werden, dass noch einiges an Weg zu gehen ist. Es ist jetzt schon schwer genug, Nachfolger für die Leitung von Uniklinikapotheken zu finden, die weiter einschränkende Suche nach habilitierten Chefapotheker:innen macht dies nicht leichter. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir diesen Weg gehen müssen.

Auch wenn vielleicht noch nicht jede Uniklinikapotheke den ersten Schritt auf den Weg in Richtung Forschung und Lehre gemacht hat: Wir müssen den nächsten Schritt schon jetzt gehen. Wir müssen raus aus der Verwaltungsecke der Unikliniken, rein in den Wissenschaftsbetrieb der Unikliniken. Nur so können wir auch für den Verband eine Rolle übernehmen, die die Position der Nicht-Uniklinikapotheken in der ADKA langfristig stärkt und erhält.

Also ja: Uniklinikapotheken und Uniklinikapotheker:innen sind etwas Besonderes, wenn sie denn die Aufgabe Forschung und Lehre annehmen und sich für die Allgemeinheit der Krankenhausapotheker:innen nutzbringend einbringen.

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