Alles eine Generationenfrage?


Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Ändern Sie nichts, machen Sie alles so weiter, wie es ist.“ Das war die Aussage meines Vorgängers im Vorfeld der Übernahme meiner Chefapothekerposition. Zum Glück kam dann aber auch die Aussage einer Kollegin am ersten Tag meiner neuen Tätigkeit, die mich darauf hinwies, dass sie kündigen werde, wenn ich denn alles so ließe wie bisher und nichts ändern würde.

Mir war am Anfang meiner neuen Tätigkeit sicherlich nicht bewusst, was alles auf einen Chefapotheker zukommt. Ich hatte eine sehr gute Lehrerin, die mir als Chefapothekerin vorgelebt hat, wie man den Job machen kann. Vieles habe ich am Anfang sicherlich kopiert, vieles musste ich mir dann aber auch aufgrund lokaler Gegebenheiten selbst erarbeiten.

Der Baby-Boomer-Generation, zu der ich gehöre, wird nachgesagt, dass sie lebt, um zu arbeiten, dass sie sich durch hohe Karriereziele und Anpassungsfähigkeit auszeichnet. Nun ja, in der Tat wollte ich nach Studium und Promotion unbedingt im universitären Umfeld bleiben und ich wollte auch unbedingt Chef werden, um meine Arbeitsumgebung – auch für mich selbst – gestalten zu können. Mir war dabei aber auch klar, dass die von mir gewünschte maximal mögliche Selbstbestimmung und minimal mögliche Fremdbestimmung auch Risiken beinhaltet. Man übernimmt schließlich für all sein Tun im beruflichen Bereich auch die Verantwortung. Die Baby-Boomer-Generation tritt nun ab und übernimmt allenfalls eine beobachtende Funktion. Andere Generationen übernehmen das Ruder. Wenn dieses im gleichen Alter geschieht wie damals bei mir, gehören diese neuen Chefapotheker*innen zur Generation Y. Man sagt dieser Generation nach, dass sie nicht mehr „lebt, um zu arbeiten“, sondern die Arbeitseinstellung eher geprägt ist durch ein „erst das Leben, dann die Arbeit“. Status und Wohlstand ist – so sagt man – dieser Generation weniger wichtig, Freude an der Arbeit, aber eben auch Freiräume für Privates und Freizeit sind ihr wichtiger als den Baby-Boomern. Auch sind ihr als erste Generation von Digital Natives Werte wie Teamwork und Vernetzung sehr wichtig.

Nun scheint es im Moment nicht einfach, neue Chefapotheker*innen für Krankenhausapotheken zu finden. Liegt dies an der Einstellung der neuen Generation? Liegt es daran, dass meine Generation die potenziellen Nachfolger*innen zu schlecht entwickelt hat, zu wenig Raum gegeben hat, um sich mit den Möglichkeiten der Leitungsfunktion auseinanderzusetzen? Liegt es an Ängstlichkeit vor den Herausforderungen?

Man könnte diese Fragestellungen sicherlich noch seitenweise weiterführen, hilfreich ist dies nicht. Es gilt vielleicht auch einfach zu akzeptieren, dass nicht jeder Chefapotheker*in werden möchte und dass es vielleicht auch andere Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung gibt (und es im Übrigen auch schon immer gegeben hat). Vielleicht müssen wir „Alten“ auch einfach erkennen, dass wir es früher viel einfacher hatten, die damals teilweise noch wenig entwickelten Krankenhausapotheken voranzubringen. Zumindest bei mir war es so, dass jeder noch so kleine Schritt vorwärts im Universitätsklinikum hochwillkommen war und begeistert aufgenommen wurde. Heute ist die Krankenhauspharmazie auf einem anderen Level, die Erwartungshaltungen sind höher und dadurch wird es vielleicht auch anstrengender und anspruchsvoller, die Krankenhausapotheke weiterzuentwickeln.

Kann man also alles nur an der Generationenfrage festmachen? Nein! Es wird immer auf Persönlichkeiten und individuelle Persönlichkeitsstrukturen ankommen. Die neuen Generationen werden Fähigkeiten mitbringen, von denen ich nicht einmal geträumt habe. Sie werden ganz andere Instrumente nutzen können.

Mir ist überhaupt nicht bange um die die Zukunft der Krankenhauspharmazie. Wenn ich einmal aus der Position des Chefapothekers altersentsprechend zurücktreten werde, werde ich mir sicherlich anmaßen, zu sagen, etwas erreicht zu haben und ein – wie man so schön sagt – gut bestelltes Feld zu übergeben. Aber ich werde mir sicherlich nicht anmaßen, zu erwarten, dass eine neue Generation, also meine Nachfolge, genauso weitermachen muss. Die Nachfolge wird es hoffentlich anders machen, mit eigenen Ideen die Krankenhauspharmazie und „meine“ Krankenhausapotheke weiterentwickeln und neue Wege finden. Um bildlich zu sprechen: Ich werde mein von mir geschriebenes Buch mit der letzten Seite, auf der „Ende“ steht, schließen und in das Regal stellen. Die Nachfolge wird ein neues Buch anfangen, und das muss kein Fortsetzungsroman meines Buchs sein, es wird hoffentlich eine neue Geschichte werden!

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