G-BA-Beschluss

Erenumab (Neubewertung)


Solvejg Langer, Stuttgart

Der G-BA hat auf Antrag des Herstellers Erenumab (Aimovig®) aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse neu bewertet. Dafür musste der Hersteller zum Stichtag entsprechende neue Daten vorlegen.

Wie lautet die Zulassung?

Erenumab ist zur Migräne-Prophylaxe bei Erwachsenen mit mindestens vier Migränetagen pro Monat zugelassen. Anwendungsgebiet des Beschlusses ist die Migräne-Prophylaxe bei Erwachsenen mit mindestens vier Migränetagen pro Monat, für die eine konventionelle Migräneprophylaxe infrage kommt.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Es liegt ein Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Erenumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Topiramat vor.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Geeignete Arzneimittel sind Metoprolol oder Propranolol oder Flunarizin oder Topiramat oder Amitriptylin oder Clostridium botulinum Toxin Typ A.

Wie ist die Studienlage?

Zur Bewertung wurde die randomisierte, doppelblinde Studie HER-MES im Parallelgruppendesign mit 777 Patienten vorgelegt. Die Studienteilnehmer hatten durchschnittlich zehn Migränetage pro Monat, 60 % hatten bisher keine Migräneprophylaxe eingenommen. Der Rest hatte auf andere Therapien (Metoprolol/Propranolol, Amitriptylin oder Flunarizin) nicht angesprochen oder kam dafür nicht infrage.

Die Patienten erhielten 1 : 1 randomisiert die höchste individuell verträgliche Dosis Erenumab (70 mg oder 140 mg alle 4 Wochen über 24 Wochen) oder Topiramat (50 mg bis 100 mg Topiramat nach einer 6-wöchigen Titrationsphase über 18 Wochen). Um die Verblindung zu gewährleisten, erhielten beide Gruppen überdies entsprechende Placebo-Präparate.

Der primäre Endpunkt umfasste Behandlungsabbrüche wegen unerwünschter Ereignisse (UE). Weitere Endpunkte waren die Gesamtmortalität und verschiedene Morbiditätskategorien, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen.

Eine Reduktion der Migränetage um ≥ 50 % über die letzten drei Monate sowie über den ersten Monat erreichten signifikant mehr Patienten unter Erenumab als unter Topiramat (215 vs. 121 bzw. 147 vs. 86; jeweils p < 0,001). Auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde auf verschiedenen Skalen unter Erenumab als besser eingeschätzt.

Hinsichtlich schwerwiegender unerwünschter Ereignisse gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Arzneimitteln, allerdings brachen deutlich mehr Patienten die Therapie mit Topiramat wegen Nebenwirkungen ab (151 gegenüber 41 unter Erenumab). Spezifische Nebenwirkungen wie Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Parästhesie, Aufmerksamkeitsstörung, Schwindelgefühl) sowie Übelkeit, Ermüdung und verminderter Appetit waren unter Topiramat häufiger.

Todesfälle traten in keiner Gruppe auf.

Warum hat der G-BA so entschieden?

Hinsichtlich der Anzahl an Migränetagen pro Monat und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ergab sich ein signifikanter Vorteil für Erenumab gegenüber Topiramat, dessen Ausmaß der G-BA als beträchtlich einstuft. Auch bei den Nebenwirkungen hatte Erenumab Vorteile, beispielsweise wurde die Therapie signifikant seltener wegen unerwünschter Ereignisse abgebrochen.

Die Studie hat zwar ein niedriges Verzerrungspotenzial, aber einige Unsicherheiten hinsichtlich der Aussagekraft und Übertragbarkeit auf die Versorgung in Deutschland blieben bestehen, sodass der G-BA nur einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen sieht.

Quelle

G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V. Erenumab (Neubewertung aufgrund neuer Wissenschaftlicher Erkenntnisse [Migräne-Prophylaxe]). 21. Oktober 2021.

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss zu Erenumab (Neubewertung aufgrund neuer Wissenschaftlicher Erkenntnisse [Migräne-Prophylaxe]). 21. Oktober.

Krankenhauspharmazie 2021; 42(12):529-529