Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Tübingen
Nicht lieferbar!
Ausverkauf des Deutschen Arzneimittelmarkts
Von Uwe Weidenauer. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart, 2020. 1. Auflage. XIV, 123 Seiten, 32 farb. Abbildungen, 20 farb. Tabellen. Auch als E-Book erhältlich. Kartoniert 19,80 Euro. ISBN 978-3-7692-7613-8. E-Book ISBN 978-3-7692-7655-8.
Mit dem Titel „Nicht lieferbar“ spricht der Herausgeber des Buches, Dr. Uwe Weidenauer, ein Thema an, das sowohl in Krankenhäusern, als auch im niedergelassenen Bereich mittlerweile enorme Ressourcen bindet. Immer wieder stellt sich die Frage, wie es soweit kommen konnte, und wie es perspektivisch weitergeht.
Der Herausgeber bringt als Herstellungsleiter Erfahrungen aus der pharmazeutischen Industrie mit, hat im Rahmen der Übernahme mehrerer Apotheken und als Unternehmensberater die Wertschöpfung in den Lieferketten selbst miterlebt und sich mit den verschiedenen Ursachen von Lieferabrissen beschäftigt. So beschreibt er beispielsweise die Probleme, die mit einer zunehmend schlankeren Produktion und der Übernahme von allgemeinen Wirtschaftsprinzipien (z.B. Discount-Prinzip) verbunden sind.
Etwas wehmütig liest man rückblickend das Kapitel über „Deutschland, die Apotheke der Welt“, um dann im Kapitel „Gesundheitsreformen“ den Abschnitt Rabattverträge zu lesen, das seinen Ursprung im GKV-Modernisierungsgesetz (2003) hat. Aktuell hat diese Reform dazu geführt, dass unter den zehn größten Generikaanbietern keine deutsche Firma mehr zu finden ist. Dabei spielt aus seiner Sicht die Roche-Bolar-Regelung (1984) eine wichtige Rolle, die zwangsläufig dazu geführt hat, Wirkstoffe vorzugsweise in Nicht-EU-Staaten zu bestellen.
Da gegenüber Originalanbietern die Wertschöpfungstiefe geringer und die Arbeitsteilung höher ist, nutzt die Generikaindustrie immer häufiger die SWOT-Analyse, um Stärken und Chancen gegenüber Schwächen und Risiken abzuwägen. Kritisch wird die Gemengelage vor allem, wenn Private-Equity-Investoren ein Pharma-Unternehmen übernehmen.
In den letzten beiden Kapiteln führt er die Ursachen der mangelhaften Marktversorgung und die über mehrere Jahre stattgefundenen Veränderungen der industriellen Wertschöpfungskette zusammen und bringt mögliche Lösungsansätze auf den Punkt. Dabei spielen nicht nur bessere Frühwarnsysteme, größere Lagerhaltungen, Stresstests, erhöhte Transparenz und überarbeitete Versorgungsverträge (anstelle von Rabattverträgen), sondern auch langfristig angelegte Maßnahmen eine Rolle, die allesamt eine Abkehr von billigen Discount-Arzneimitteln bedeuten, und als Ausweg aus einer immer kritischeren Abhängigkeit von einem globalisierten Pharmamarkt zu sehen sind.
Damit ist das Buch mit seinen 6 Kapiteln, 123 Seiten, 32 Abbildungen und 20 Tabellen sehr informativ und lesenswert. Es ist nicht nur an interessierte Kolleginnen und Kollegen der Heilberufe, sondern auch an Vertreter der Wirtschaft, Industrie und Versicherungsbranche gerichtet. Vielleicht könnte man in einer 2. Auflage zur besseren Veranschaulichung noch mehr konkrete Beispiele und die Rolle der Open-House-Verträge skizzieren, die bisher im Index nicht zu finden sind. Das Gesamtkonzept des Buches soll damit aber in seiner Bedeutung nicht geschmälert werden.
Krankenhauspharmazie 2021; 42(03):118-118