G-BA-Beschluss

Talazoparib bei Mammakarzinom (BRCA1/2-Mutation; HER2–)


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Talazoparib (Talzenna®) ist zugelassen als Monotherapie für erwachsene Patienten mit BRCA1/2-Keimbahn-Mutationen und HER2-negativem (HER2–), lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom. Die Patienten sollten zuvor mit einem Anthrazyklin und/oder Taxan behandelt worden oder für diese Behandlungen nicht geeignet sein. Patienten mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom sollten zudem bereits eine endokrinbasierte Therapie erhalten haben oder für diese als nicht geeignet eingestuft sein.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Für erwachsene Patienten mit HER2–, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom mit BRCA1/2-Keimbahn-Mutationen nach vorangegangener Therapie mit einem Anthrazyklin und/oder Taxan im (neo)adjuvanten oder metastasierten Setting oder ungeeignet für diese Therapien besteht ein Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

  • Capecitabin
  • Eribulin
  • Vinorelbin
  • eine Anthrazyklin- oder Taxan-haltige Therapie (nur für Patienten, die noch keine solche Therapie erhalten haben oder für diese Therapien nicht geeignet sind)

Wie ist die Studienlage?

Für die Bewertung des Zusatznutzens wurden Teilergebnisse der noch laufenden Phase-III-Studie EMBRACA (NCT01945775) zugrunde gelegt. In der randomisierten, kontrollierten, offenen Parallelgruppenstudie wird Talazoparib mit einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes (Capecitabin, Vinorelbin, Eribulin oder Gemcitabin) verglichen. 98 % der Teilnehmer sind weiblich. Nach Ausschluss der zu Gemcitabin randomisierten Patienten lagen für die Auswertung Daten von 266 Patienten aus dem Talazoparib-Arm und 130 Patienten aus dem Chemotherapie-Arm vor.

In der Gesamtsterblichkeit ergab sich für die Nutzenbewertung kein relevanter Unterschied zwischen den Gruppen (medianes Gesamtüberleben 19,6 vs. 19,8 Monate, Hazard-Ratio [HR] 0,86; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,67–1,10; p = 0,236).

In den Endpunkten Morbidität, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen schnitt Talazoparib besser ab: Vorteile bestanden im progressionsfreien Überleben (2,9 Monate; HR 0,541; p < 0,0001), bei Schmerzen, Schlaflosigkeit, Appetitverlust, Symptomen im Brustbereich, im Gesundheitszustand, in der körperlichen, sozialen und emotionalen Funktion, in der Rollenfunktion sowie im Körperbild. Außerdem traten weniger unerwünschte Wirkungen vom Grad 3/4 auf. Diese Effekte waren „positiv, statistisch signifikant und relevant bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit“.

Warum hat der G-BA so entschieden?

Talazoparib schnitt in mehreren wichtigen Endpunkten signifikant besser ab als die Vergleichsmedikation. Daher wurde ein beträchtlicher Zusatznutzen bescheinigt.

Allerdings gab es Unsicherheiten in der Aussagekraft. So bestand ein großer Unterschied im Anteil der Patienten, die die Studie vor der ersten Studienmedikation-Gabe abbrachen (1 Patient im Talazoparib-Arm; 16 Patienten im Chemotherapie-Arm). Daher stufte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) das endpunktübergreifende Verzerrungspotenzial als hoch ein. Ein Kritikpunkt betraf den Gesundheitszustand der Patienten vor Studieneinschluss: Fast alle Patienten hatten einen ECOG-PS von 0 oder 1 (Eastern Cooperative Oncology Group Performance Status; 0 = asymptomatisch; 5 = Tod). Es bleibt unklar, ob die beobachteten Effekte auf Patientinnen und Patienten mit einem ECOG-PS ≥ 2 übertragen werden können.

Fazit

Talazoparib steigerte die Remissionsrate und die Lebensqualität und verlängerte das progressionsfreie Überleben. Die Überlebenszeit wurde nicht verlängert. Hier bleiben Folgeergebnisse der noch laufenden Studie abzuwarten. Nach Olaparib ist Talazoparib der zweite PARP-Inhibitor für die Behandlung molekularbiologisch definierter Subgruppen mit Mammakarzinom, dem ein Zusatznutzen anerkannt wurde.

Quellen

G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Talazoparib (Mammakarzinom, BRCA1/2-Mutation, HER2–). 20. November 2020.

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss – Talazoparib (Mammakarzinom, BRCA1/2-Mutation, HER2–). 20. November 2020.

IQWiG. Bericht Nr. 962. Talazoparib (Mammakarzinom) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V und Addendum zum Auftrag A20–48.

Krankenhauspharmazie 2021; 42(01):36-36