G-BA-Beschluss

Vigabatrin bei Epilepsie und West-Syndrom


Solvejg Langer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Kigabeq® wird bei Kindern ab einem Monat bis unter sieben Jahren eingesetzt

  • in Kombination mit anderen Antiepileptika bei therapieresistenter partieller Epilepsie (fokale Anfälle) mit oder ohne sekundärer Generalisierung, wenn alle anderen geeigneten Arzneimittelkombinationen sich als unzureichend erwiesen haben oder nicht vertragen wurden
  • als Monotherapie bei infantilen Spasmen (West-Syndrom).

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Der G-BA stuft den Zusatznutzen von Vigabatrin in beiden Indikationen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie als nicht belegt ein.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Die zweckmäßige Vergleichstherapie bei Epilepsiepatienten bestand in einer patientenindividuellen Optimierung der Therapie unter Berücksichtigung der Vortherapie. Die Arzneimittel müssen unter anderem für die Indikation zugelassen sein und sollten vorzugsweise vom G-BA bereits als patientenrelevant eingestuft sein. Zudem sollten sie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.

Eingesetzt wurden beispielsweise Carbamazepin, Brivaracetam, Lamotrigin, Gabapentin oder Lacosamid.

Die zweckmäßige Vergleichstherapie bei Kindern mit West-Syndrom waren Tetracosactid oder Glucocorticoide (Prednison, Prednisolon).

Wie ist die Studienlage?

Der Hersteller legte kein Dossier vor, das die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie erlaubte.

Der Wirkstoff ist bereits seit Anfang der 90er-Jahre zugelassen, bei Kigabeq® handelt es sich lediglich um eine neue kindgerechtere Darreichungsform (PUMA-Zulassung), die eine genauere Dosierung erlaubt. Dementsprechend führte der Hersteller keine neuen Wirksamkeitsstudien – auch keine Vergleichsstudien gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie – durch [1].

Warum hat der G-BA so entschieden?

Der pharmazeutische Unternehmer hat kein vollständiges Dossier eingereicht und somit die für die Nutzenbewertung erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt. Der G-BA kommt daher zu dem Entschluss, dass ein Zusatznutzen nicht belegt ist.

Kommentar

Wieder einmal scheitert ein Präparat an der Nutzenbewertung wegen fehlender Studien zur zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Ich frage mich, ob im Fall der PUMA-Zulassungen die Nutzenbewertung in ihrer aktuellen Form in zu starren Bahnen abläuft und den eigentlichen Zweck der Präparate missachtet.

Schließlich geht es nicht um einen neuen Wirkstoff, der gegenüber altbewährten bestehen muss, sondern um eine neue Darreichungsform eines bekannten Wirkstoffs zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Nach meinem Verständnis müsste für die Feststellung eines Zusatznutzens ermittelt werden, ob die Fehlerrate unter dem neuen Präparat gegenüber der alten Darreichungsform gesunken ist. Denn auch das wäre ein Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist.

Quelle

Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Vigabatrin (Epilepsie). https://www.g-ba.de/beschluesse/4087/ .

Gemeinsamer Bundesausschuss. Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Vigabatrin (West-Syndrom). https://www.g-ba.de/beschluesse/4090/ .

Literatur

Krankenhauspharmazie 2020; 41(02):78-78