Dr. rer. nat. Stefan Fischer, Stuttgart
Wie lautet die Zulassung?
Apalutamid (Erleada®) ist zur Behandlung erwachsener Männer mit nichtmetastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (nm-CRPC) indiziert, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen aufweisen.
Apalutamid wirkt als Inhibitor des Androgenrezeptors und wird zusätzlich zur einer medikamentösen oder chirurgischen Kastration eingesetzt.
Wie lautet der Beschluss des G-BA?
In der Gesamtbetrachtung stellt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen für Apalutamid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie fest.
Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?
Tritt unter einer Androgendeprivationstherapie eine Kastrationsresistenz auf, empfehlen die Leitlinien, die Therapie trotzdem beizubehalten und beobachtend abzuwarten [1].
Entsprechend hat der G-BA dieses Vorgehen als Vergleichstherapie bestimmt.
Bei der Androgendeprivationstherapie handelt es sich meistens um eine Behandlung mit einem GnRH-Agonisten oder -Antagonisten. Diese Medikamente unterdrücken die Testosteronproduktion. Trotzdem kann es zu einem erneuten Anstieg des PSA-Werts kommen. Dann spricht man von einer Kastrationsresistenz.
Wie ist die Studienlage?
Die doppelblinde Phase-III-Studie SPARTAN schloss 1207 Patienten mit nichtmetastasiertem kastrationresistentem Prostatakarzinom ein. Sie erhielten zusätzlich zur Androgendeprivationstherapie
- Apalutamid oder
- Placebo (abwartendes Vorgehen).
Die Patienten hatten ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen.
Ergebnisse
- Bis zum Datenschnitt vom 19. Mai 2017 verstarben 7,9 % der Personen im Interventionsarm versus 10,5 % im Vergleichsarm. Der Unterschied war nicht signifikant.
- Das metastasenfreie Überleben (= primärer Endpunkt) verlängerte sich um 24,8 Monate (40,5 vs. 15,7; p < 0,0001).
- Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten unter Apalutamid bei 25 % der Patienten auf (vs. 23 % unter Placebo; p = 0,081).
Warum hat der G-BA so entschieden?
- In den bisherigen Daten zeigt sich kein Überlebensvorteil durch Apalutamid.
- Der G-BA bezweifelt, ob aus dem metastasenfreien Überleben ein patientenrelevanter Nutzen abgeleitet werden kann. Aus den Studiendaten ergibt sich nicht, ob es sich um symptomatische oder asymptomatische Metastasen handelte.
- Der Endpunkt Zeit bis zur Initiierung der zytotoxischen Chemotherapie wurde nicht gewertet, da unklar ist, weshalb die Patienten eine Chemotherapie erhielten.
- Bei einigen spezifischen Nebenwirkungen gibt es unter Apalutamid Vorteile, bei anderen liegen Nachteile vor. Für die Lebensqualität zeigt sich kein Unterschied zwischen den Armen.
Lediglich der Vorteil beim Endpunkt symptomatische Progression wertet der G-BA als geringen Zusatznutzen. Die Erfassung des Endpunkts war in der Studie allerdings mit Unsicherheiten behaftet und basiert auf geringen Ereignisraten. Daher gibt es nur einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen.
Kommentar
Der pharmazeutische Unternehmer wollte für die Bewertung durch den G-BA noch einen späteren Datenschnitt einreichen. Allerdings war dieser nicht im Voraus geplant und die Auswertung erfolgte aller Wahrscheinlichkeit nach in Kenntnis der Ergebnisse. Folgerichtig wurden diese Daten bei der Bewertung nicht berücksichtigt.
Natürlich sind die Ergebnisse der Nachbeobachtung zum Gesamtüberleben sehr interessant und müssen bewertet werden, aber der pharmazeutische Hersteller sollte keinen willkürlichen Zeitpunkt für die Auswertung im Nachgang festlegen.
Quelle
Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss „Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Apalutamid“. https://www.g-ba.de/beschluesse/3907/ (Zugriff am 03.09.19).
Literatur
1. Leitlinienprogramm Onkologie. S3-Leitlinie Prostatakarzinom (Version 5.1, 2019). https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom/ (Zugriff am 03.09.19).
Krankenhauspharmazie 2019; 40(10):499-499