Rudolf Bernard, München
Rudolf Bernard [Foto: Michael Stobrawe MRI]
… tritt ein neuer ADKA-Präsident sein Amt an und die Zusammensetzung des Präsidiums ändert sich. Das sorgt immer wieder für frischen Wind an der Verbandsspitze und beugt Verkrustungen vor. Für die ADKA-Mitglieder und die Akteure in der Gesundheitslandschaft bedeutet dies aber auch, dass die ADKA alle zwei Jahre ein neues Gesicht bekommt. Damit stellt sich die Frage nach der Kontinuität und des nachhaltigen Verfolgens langfristiger Ziele. Und natürlich: Was treibt den „Neuen“ um, welche Schwerpunkte will er setzen, was denkt er und was hat er konkret vor?
Anfang Juni habe ich die Präsidentschaft der ADKA übernommen und zur Beantwortung dieser Fragen will ich beispielhaft einige Schlaglichter herausgreifen: Zunächst sehe ich die Kontinuität in der Verbandsarbeit dadurch gewährleistet, dass Präsidium, Vorstand und Ausschüsse im Team eng zusammenarbeiten. Ideen und Strategien werden gemeinsam entwickelt und bis zur Beschlussreife weiterverfolgt. Die gegenseitige Unterstützung dabei ist vorbildlich – so wie die Kollegialität der Krankenhausapothekerinnen und -apotheker untereinander überhaupt ihresgleichen sucht. Manch anderer Fachverband beneidet uns darum. Die mit dieser Teamarbeit verbundene „Schwarmintelligenz“ sorgt dafür, dass wichtige Themen konsequent und kompetent begleitet und weiterverfolgt werden. Der Präsident koordiniert und moderiert zielorientiert Diskussionen und Entwicklungsprozesse und führt sie zu greifbaren Ergebnissen. Für Kontinuität sorgen auch die von der ADKA-Mitgliederversammlung beschlossenen und immer wieder aktualisierten Ziele, die im Zielepapier und als ADKA-Thesen niedergeschrieben sind. Diese Ziele sind Leitfäden für das Handeln aller ADKA-Organe. Sie sorgen für nachhaltiges fachliches und politisches Agieren.
Bei der Verwirklichung von Zielen liegt mir ein Thema ganz besonders am Herzen: Es ist die Etablierung der patientenbezogenen elektronischen Verordnung mit anschließendem Vidieren durch einen Fachapotheker für klinische Pharmazie. Darin sehe ich den ersten und zugleich wichtigsten Schritt zu einer modernen Arzneimittelversorgung im Krankenhaus, die den Hochrisikoprozess Arzneimitteltherapie für jeden einzelnen Patienten so sicher wie möglich macht. Ob sich eine Unit-Dose-Versorgung oder eine andere Art der Arzneimittellogistik bis hin zur elektronischen Dokumentation der Applikation anschließt, ist ein zweiter, nachgeschalteter Entscheidungsschritt. Wie ein solcher Prozess der modernen Arzneimittelversorgung aussehen kann, leben unter anderem die Kollegen in Hamburg beispielhaft vor. In der Logistik sind auch andere Modelle als Unit-Dose denkbar. Sie sollten aufgezeigt und diskutiert werden. Meine Aufgabe und Aufgabe von Präsidium und Vorstand sind, bei Politik, Behörden und Verbänden für eine Modernisierung des Prozesses der Arzneimittelversorgung in den Krankenhäusern zu werben und dabei deutlich zu machen, dass dies nur mit einer angemessenen Personal- und Materialausstattung zu erreichen ist. Die Argumentation vor Ort wird deutlich erleichtert, wenn auf eine Zielsetzung durch die Gesundheitspolitik auf Bundesebene für die Einführung des elektronischen Rezepts im Krankenhaus mit daran gekoppelter patientenindividueller pharmazeutischer Logistik verwiesen werden kann. Erste Schritte, die Unterstützung der Politik zu bekommen, sind unternommen.
Den Entscheidern in der Gesundheitspolitik bewusst zu machen, welch hohen Nutzen die Patienten haben, wenn ein Krankenhausapotheker sie beim Übergang vom ambulanten in den stationären Sektor und wieder zurück begleitet und berät, ist eine weitere spannende Aufgabe. Der Krankenhausapotheker ist prädestiniert dafür, bei einem pharmazeutischen Aufnahmegespräch alle verwendeten Arzneimittel inklusive der Selbstmedikation zu erfassen. Dies haben einige hochengagierte Kolleginnen und Kollegen bereits beispielhaft gezeigt. Das pharmazeutische Aufnahmegespräch unterstützt und entlastet den Arzt bei der Anamnese und ist zugleich die Basis für die Weiterführung, Ergänzung und Optimierung der Arzneimitteltherapie während des stationären Aufenthalts als Brücke zu dem zuvor skizzierten stationären Versorgungsprozess.
Außerdem erleichtern die pharmazeutische Entlassungsbetreuung und Beratung dem Patienten eine schwierige Phase in seinem Genesungsprozess. Sie bewirken Arzneimittelversorgungs- und Therapiesicherheit. Auch hier ist die ADKA am Ball. Unter Leitung von Irene Krämer wird daran gearbeitet, ein im Rahmen des Innovationsfonds zu finanzierendes Modellprojekt zu etablieren. Mehr als hundert Krankenhausapotheken haben sich bei einer Umfrage bereit erklärt, bei solch einem Projekt mitzumachen. Diese Zahl bezeugt die hohe Motivation der ADKA-Mitglieder für ihre Profession. Nur mit solch einem herausragenden persönlichen und kollektiven Engagement werden wir es schaffen, die pharmazeutische Rundumbetreuung bei Aufnahme, Aufenthalt und Entlassung flächendeckend zu etablieren. Die pharmazeutische Rundumbetreuung wird die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus für die Patienten sicher und effizient machen. Sie zu verwirklichen ist das große strategische Ziel der nächsten Jahre.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir Handwerkszeug in Form von gut aufbereiteter fachlicher Information und Hilfestellung. Hier sind die Ausschüsse der ADKA sehr engagiert aktiv. Eine gute Vernetzung der Ausschüsse trägt dazu bei, gemeinsam kreativ zu sein, Synergiemöglichkeiten zu erkennen und Doppelarbeit zu vermeiden. Diese Vernetzung wird das Präsidium weiter fördern und voranbringen. Konkrete Beispiele für von Ausschüssen erarbeitete und bereitgestellte Arbeitsmittel sind DokuPik, Cochrane und die Arzneimittel-Info-Datenbank der ADKA. Zurzeit wird daran gearbeitet, die AM-Info-Datenbank um weitere Module mit Daten zur Stabilität von Zytostatika und zu pädiatrischen Arzneimitteln zu erweitern. Weitere Ergänzungen sind denkbar, Ideen dazu willkommen. Ziel ist es, ein wissenschaftliches Hilfsmittel zu entwickeln, das für die Arbeit in der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern Standard und unverzichtbar ist.
Doch nicht nur strategische Ziele mit langfristiger Bedeutung stehen auf der Agenda des neuen Präsidiums. Wir werden uns selbstverständlich auch um die Themen kümmern, die akut oder absehbar die alltägliche Arbeit in den Krankenhausapotheken beeinflussen. Das sind beispielsweise die zahllosen Lieferunfähigkeiten pharmazeutischer Firmen, die zu managen nahezu täglich in jeder Krankenhausapotheke viel Zeit und Energie kosten. Nachdem Appelle an die Unternehmen und deren Verbände bisher keine nachhaltige Wirkung zeigen, steht dieses unsere Patienten gefährdende Problem bei der politischen Arbeit weit oben auf der Agenda. Im Sinne eines „ceterum censeo“ platzieren wir es in praktisch jedem Gespräch, das wir mit Politikern, Ministerien, Behörden und Vertretern anderer Verbände führen. Medien, die das Thema aufgreifen, unterstützen wir aktiv mit eigenen Beiträgen. Dabei stellen wir klare Forderungen: einen gesetzlichen Lieferanspruch auch für Krankenhäuser; eine unverzügliche Informationspflicht mit dem Aufzeigen konkreter Alternativen bei drohenden Lieferunfähigkeiten; eine Lagerhaltungspflicht für die pharmazeutischen Unternehmen; die Einstufung von Verstößen gegen diese Auflagen als bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit; und schließlich die Minimierung von Bürokratie und die Möglichkeit zu legaler Lagerhaltung bei Importen, die aufgrund von Lieferunfähigkeiten unvermeidlich sind.
Ein weiteres Thema, das gerade Fahrt aufnimmt, ist die Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Schutz der Patienten vor gefälschten Arzneimitteln. In Deutschland scheint dies auf die flächendeckende Einführung von „Securpharm“ hinauszulaufen. Die ADKA begrüßt ausdrücklich alle Maßnahmen, die Arzneimittelfälschungen von den Patienten fernhalten. Soweit die Krankenhausapotheken jedoch bereits den sichersten Vertriebsweg direkt vom Hersteller nutzen, fordern wir, den Aufwand für das neue System so gering wie möglich zu halten. Konkret schlagen wir vor, dass in diesem Fall der Hersteller auf Wunsch und im Auftrag der jeweiligen Krankenhausapotheke die seriellen Packungscodes quittieren kann. Eine Arbeitsgruppe der ADKA bearbeitet dieses Thema und hat bereits zahlreiche Gespräche mit den beteiligten Akteuren geführt. Die bisherigen Signale sind ermutigend, zu einer praxistauglichen Lösung zu kommen.
Wie eingangs erwähnt, können im Rahmen dieses Editorials nur einige Schlaglichter der künftigen Präsidiums- und Vorstandsarbeit herausgegriffen werden. Natürlich gibt es noch mehr zu tun und es warten mit Sicherheit auch Herausforderungen auf uns, die heute noch gar nicht absehbar sind.
Lassen Sie uns alle Herausforderungen gemeinsam meistern. Lassen Sie uns gemeinsam an der Entwicklung, Festlegung und Verwirklichung unserer Ziele arbeiten. Ein afrikanisches Sprichwort lautet: „Wenn Du schnell gehen willst, gehe allein. Aber wenn Du weit gehen willst, gehe gemeinsam.“ Ich freue mich auf zwei spannende Jahre intensiver Zusammenarbeit und Diskussion mit IHNEN.
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