Arzneimittelinteraktionen: Was bedeutet „klinisch relevant“?


Eine Gegenüberstellung verschiedener Interaktionsdatenbanken

Sebastian Lenhart und Margot Albus, Haar

Hintergrund: Elektronische Programme werden verwendet, um Medikationen auf Arzneimittelwechselwirkungen (Drug-Drug-Interactions [DDIs]) zu prüfen. Die hohe Anzahl an Interaktionswarnungen führt zu einer Alarm-Überflutung und zwingt den Anwender zur Selektion. Die Programme helfen dabei, indem sie Interaktionswarnungen nach „klinischer Relevanz“ bewerten. Mit DDIs, die in der Praxis als relevant angesehen wurden, wird die Verlässlichkeit dieser Einstufungen geprüft.
Methode: Die akzeptierten und von den Ärzten umgesetzten pharmazeutischen Interventionen eines Apothekers auf Station im kbo-Klinikum München-Ost im Jahr 2013 werden nach DDIs durchsucht. So wurde eine Liste mit DDIs erstellt, bei denen die Intervention eines Apothekers zur Anpassung der Medikation führte. Die DDIs werden in sechs Datenbanken („ABDA-Datenbank: Interaktionen“, „e-Scholz Datenbank“, „Lexi-Comp“, „mediQ“, „PSIAC“, „Drugdex“) eingegeben und das Ergebnis des Interaktionschecks auf einer Skala von 0 (Interaktion nicht gefunden) bis 1 (höchste klinische Relevanz) eingeordnet. Von allen Einzelbewertungen einer Interaktion wird der Median erstellt. Ergebnisse: Von 274 pharmazeutischen Interventionen, die zu einer Medikationsänderung führten, erfolgten 143 (52%) aufgrund von DDIs. Je nach Datenbank werden 4 bis 43% der DDIs nicht gefunden. Auch die Anzahl der DDIs mit höchster klinischer Relevanz unterscheidet sich stark, eine Datenbank findet nur eine hochrelevante DDI, eine andere 66. Von insgesamt 858 (143 pro Datenbank) Suchanfragen in allen Datenbanken wurden die meisten (33%) mit einer mittleren klinischen Relevanz beantwortet. Die nächstgrößere Gruppe stellten die nicht gefundenen Interaktionen (28%) dar, gefolgt von den Interaktionen geringer (20%) und sehr hoher (14%) klinischer Relevanz. Etwa 4% der Interaktionen wurden als bekannt, aber klinisch irrelevant bewertet.
Schlussfolgerung: Es existieren extreme Unterschiede in der Bewertung von DDIs. Keine Datenbank fand alle der für den Kliniker relevanten DDIs. Sich auf DDIs mit „hoher klinischer Relevanz“ zu konzentrieren unterschätzt das Potenzial pharmazeutischer Interventionen deutlich. Datenbank-Ergebnisse lassen noch keine sicheren Schlüsse über das tatsächliche Risiko in der klinischen Praxis zu.

Schlüsselwörter: Datenbank, Vergleich, klinisch relevant, Interaktion, pharmazeutische Intervention, Praxis

Krankenhauspharmazie 2016;37:46–53.

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