Bettina Christine Martini, Legau
In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:
Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products). Das PRAC (Pharmacovigilance Assessment Committee) ist für die Risikobewertung von Arzneimitteln, die in mehr als einem Mitgliedsstaat zugelassen sind, zuständig.
FDA www.fda.gov
Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.
BfArM www.bfarm.de
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u.a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.
AkdÄ www.akdae.de
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z.B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe).
Wichtige Mitteilungen von EMA und CHMP
Zulassung erfolgt für
- Cangrelor (Kengrexal, The Medicines Company) zur Reduktion thrombotischer kardiovaskulärer Ereignisse bei Erwachsenen mit koronarer Herzkrankheit, die sich einer perkutanen koronaren Intervention (PCI) unterziehen (siehe Notizen Nr. 03/2015)
- Fibrinogen/Thrombin (Raplixa, ProFibrix BV) zur Blutungsstillung bei operativen Eingriffen (siehe Notizen Nr. 03/2015)
- Liraglutid (Saxenda, Novo Nordisk) zur Verbesserung des Gewichtsmanagements bei Patienten mit bestimmten Voraussetzungen (siehe Notizen Nr.03/2015)
- Oritavancin (Orbactiv, The Medicines Company) bei akuten bakteriell bedingten Haut- und Weichgewebeinfektionen (siehe Notizen Nr. 03/2015)
- Tedizolidphosphat (Sivextro, Cubist) bei erwachsenen Patienten mit akuten bakteriellen Haut- und Weichgewebeinfektionen (siehe Notizen Nr. 03/2015)
Zulassungsempfehlung für neunvalente HPV-Vakzine (Gardasil 9, Sanofi Pasteur MSD): Der Impfstoff soll zur aktiven Immunisierung gegen HPV-Erkrankungen bei Jungen und Mädchen ab einem Alter von neun Jahren zugelassen werden. Gardasil 9 schützt im Vergleich zum bisher bekannten Gardasil vor 5 weiteren HPV-Typen. Die Immunisierung soll einen Schutz gegen prämaligne Läsionen und Krebserkrankungen der Zervix, Vulva, Vagina und des Anus, verursacht durch HPV (Humanes Papillomavirus), bieten. Zudem sollen genitale Warzen (Condyloma acuminata) durch die spezifischen HPV-Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 verhindert werden.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Zulassungsempfehlung für Lenvatinib (Lenvima, Eisai): Der orale Multikinasehemmer soll für die Behandlung von Patienten mit progressivem differenziertem Schilddrüsenkrebs zugelassen werden, wenn die Erkrankung trotz Therapie mit radioaktivem Iod fortgeschritten ist. Im Jahr 2013 hatte Lenvatinib den Orphan-Drug-Status erhalten und hat nun in einem beschleunigten Verfahren die Empfehlung zur Zulassung erhalten, weil es eine neue Behandlungsoption für die betroffenen Patienten ist.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Zulassungsempfehlung für Netupitant in Kombination mit Palonosetron (Akynzeo, Helsinn): Der Neurokinin-1(NK1)-Rezeptorantagonist Netupitant und der 5-HT3-Rezeptorantagonist sollen als fixe Kombination zur Prophylaxe von akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen bei hoch emetogener Cisplatin-basierter Chemotherapie und bei mäßig emetogener Chemotherapie zugelassen werden.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Zulassungsempfehlung für die fixe Kombination Empagliflozin/Metformin (Synjardy, Boehringer Ingelheim): In der fixen Kombination sind der SGLT2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance) und Metformin kombiniert. Erhältlich sind folgende Dosierungen: 5 mg/850 mg, 5 mg/1000 mg, 12,5 mg/850 mg und 12,5 mg/1000 mg.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Zulassungserweiterung für Oseltamivir (Tamiflu, Roche) empfohlen: Bei Kindern unter einem Jahr galt der Neuraminidasehemmer bisher nur als indiziert, wenn eine Grippepandemie grassiert. Dieser Zusatz wurde nun gestrichen. Außerdem wurde der Zusatz gestrichen, dass der Arzt den Nutzen der Behandlung gegen die Pathogenität des grassierenden Virus abwägen soll.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Einschränkungen für Codein-haltige Arzneimittel bei Kindern empfohlen: Wegen des Risikos schwerer Nebenwirkungen einschließlich Atemstörungen empfiehlt das PRAC, dass Codein bei Kindern unter 12 Jahren kontraindiziert sein sollte. Außerdem empfiehlt das PRAC, dass die Anwendung von Codein bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren mit Atemproblemen nicht empfohlen wird und alle flüssigen Zubereitungen in kindersicheren Verpackungen angeboten werden, um eine versehentliche Einnahme zu vermeiden.
Darüber hinaus soll Codein nicht bei Personen, die Codein besonders rasch in Morphin umwandeln (ultra-schnelle Metabolisierer) und bei stillenden Müttern angewendet werden.
Mitteilung der EMA vom 13.3.2015
Maßnahmen zur Risikoreduktion Zoledronsäure (Aclasta) empfohlen: Das PRAC empfiehlt zur Reduktion des Risikos von Kieferosteonekrosen eine entsprechende Aktualisierung der Produktinformation und eine Patientenkarte, die den Patienten auf die Risiken der Kieferosteonekrose und entsprechende Präventionsmaßnahmen hinweist. Die Empfehlungen des PRAC wurden vom CHMP in der Sitzung vom März 2015 bereits übernommen. Die EMA plant ähnliche Maßnahmen für andere intravenös zu applizierende Bisphosphonate und für Denosumab.
Mitteilung der EMA vom 27.3.2015
Wichtige Mitteilungen der FDA
Zulassung für die fixe Kombination Ceftazidim/Avibactam (Avycaz, Actavis): Ceftazidim ist ein Cephalosporin der dritten Generation und Avibactam ein neuer Beta-Lactamase-Hemmer, der den Abbau des Cephalosporins durch bakterielle Beta-Lactamasen verhindern kann. Die Kombination wurde für die Behandlung von Erwachsenen mit komplizierten intraabdominalen Infektionen (in Kombination mit Metronidazol) und Harnwegs-Infektionen zugelassen.
Mitteilung der FDA vom 25.2.2015
Zulassung für Dinutuximab (Unituxin, United Therapeutics Corporation): Der monoklonale Antikörper wurde beschleunigt als Orphan-Drug für die Behandlung von Kindern mit Hochrisiko-Neuroblastom zugelassen. Dinutuximab bindet an die Oberfläche von Neuroblastom-Zellen und wird im Rahmen einer multimodalen Therapie einschließlich Operation, Chemotherapie und Bestrahlung bei Patienten, bei denen mindestens ein partielles Ansprechen mit einer multimodalen First-Line-Therapie erzielt wurde, eingesetzt.
Mitteilung der FDA vom 10.3.2015
Zulassung für Isavuconazol (Cresemba, Astellas): Das Antimykotikum wurde bei Patienten mit invasiver Aspergillose oder invasiver Mucormykose zugelassen. Isavuconazol ist als orale und intravenöse Formulierung verfügbar.
Mitteilung der FDA vom 6.3.2015
Zulassungserweiterung für Nivolumab (Opdivo, BMS): Der monoklonale Antikörper, der den PD1-Rezeptor (programmed death receptor) hemmt und so die körpereigene antitumorale Immunabwehr stärkt, kann nun auch zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem nichtkleinzelligem Plattenepithelkarzinom der Lunge nach Progression nach einer Platin-basierten Chemotherapie eingesetzt werden. Nivolumab war bislang in den USA für die Behandlung des nicht resezierbaren oder metastasierten Melanoms zugelassen.
Mitteilung der FDA vom 4.3.2015
Warnmeldung für Vareniclin (Chantix, Pfizer): Das Arzneimittel zur Raucherentwöhnung kann die Reaktion auf Alkohol verändern. Zudem wurden seltene Fälle von Krämpfen bei Einnahme von Vareniclin berichtet. Patienten, die Vareniclin einnehmen und bei denen es die Alkoholverträglichkeit verändert, sollten ihren Alkoholkonsum verringern. Beim Auftreten von Krämpfen sollte die Einnahme von Vareniclin gestoppt werden. Die Fachinformationen werden entsprechend geändert.
Mitteilung der FDA vom 9.3.2015
Wichtige Mitteilungen der AkdÄ und des BfArM
Verschreibungspflicht für Chinin (Limptar, Cassella-med): Einem Votum des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht folgend ist Chinin zur Anwendung beim Menschen seit dem 1. April verschreibungspflichtig. Ergebnis des Stufenplanverfahrens sind Änderungen in der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der äußeren Umhüllung. Der Bescheid zu dem Verfahren kann auf der Internetseite des BfArM abgerufen werden.
Mitteilung des BfArM vom 30.3.2015
Rote-Hand-Brief zu Diemthylfumarat (Tecfidera, Fumaderm, beide Biogen Idec) wegen progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML): Aus Deutschland wurden bislang neun Fälle einer PML im Zusammenhang mit der Anwendung von Fumaderm und zwei Fälle im Zusammenhang mit Tecfidera gemeldet. Eine längerfristige, schwere Lymphopenie unter Therapie mit Dimethylfumarat wird als Risikofaktor für die Entstehung einer PML angesehen. Daher sind bei Patienten, die mit Dimethylfumarat-haltigen Arzneimitteln behandelt werden, regelmäßige Blutbildkontrollen (inkl. Differenzial-Blutbild) notwendig. Gegebenenfalls muss die Medikation bei niedrigen Lymphozytenwerten abgesetzt werden.
Patienten sollten bezüglich des Neuauftretens neurologischer Symptome, die auf eine PML hinweisen können, überwacht werden. Hierzu zählen Störungen des Hör-, Sprach-, Denk- und Erinnerungsvermögens, Schwäche- und Taubheitsgefühl der Extremitäten und/oder Persönlichkeitsstörungen/-veränderungen. Bei entsprechender Symptomatik sollte das Arzneimittel abgesetzt und der Patient einer weitergehenden neurologischen Diagnostik und Therapie zugeführt werden.
AkdÄ Drug-Safety-Mail 08–2015 vom 7.4.2015
Rote-Hand-Brief zu Ketoconazol (Ketoconazole HRA) wegen Hepatotoxizität: Aufgrund des Risikos von Hepatotoxizität wurde im Oktober 2013 die Marktzulassung für orales Ketoconazol als Antimykotikum suspendiert, eine Zulassung besteht aber für orales Ketoconazol bei Cushing-Syndrom. Der Hersteller informiert in einem Rote-Hand-Brief über das Risiko von Hepatotoxizität und Maßnahmen zur Minimierung des Risikos. Dieser kann auf der Internetseite der AkdÄ oder des BfArM abgerufen werden.
AkdÄ Drug-Safety-Mail 04–2015 vom 11.3.2015
Information zu Metformin wegen Aktualisierung der Fach- und Gebrauchsinformation hinsichtlich der Kontraindikation bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion: Lactatazidose ist eine sehr seltene, jedoch schwerwiegende metabolische Komplikation (hohe Mortalitätsrate ohne schnelle Behandlung), die durch Akkumulation von Metformin verursacht werden kann. Die bisher bekannt gewordenen Fälle von Lactatazidose bei mit Metformin behandelten Patienten betrafen vor allem Diabetiker mit Niereninsuffizienz oder sich akut verschlechternder Nierenfunktion.
Nach Abschluss eines europäischen Bewertungsverfahrens wurde die Grenze für die Creatinin-Clearance, ab welcher Metformin kontraindiziert ist, jetzt auf 45 ml/min (eGFR<45 ml/min/1,73 m2) gesenkt. Patienten mit einer Creatinin-Clearance zwischen 45 ml/min und 59 ml/min (eGFR 45 bis 59 ml/min/1,73 m2) können in Zukunft mit Metformin behandelt werden, falls keine anderen Erkrankungen bestehen, die das Risiko für eine Lactatazidose erhöhen. In diesen Fällen beträgt die maximale Tagesdosis 1000 mg (aufgeteilt in zwei Einzeldosen) und die Nierenfunktion muss alle drei bis sechs Monate kontrolliert werden. Metformin muss sofort abgesetzt werden, wenn die Creatinin-Clearance unter 45 ml/min (eGFR <45 ml/min/1,73 m2) fällt.
Besondere Vorsicht ist in Situationen geboten, in denen es zu einer akuten Einschränkung der Nierenfunktion kommen kann, wie bei Dehydratation (z.B. durch schwere Diarrhö oder Erbrechen) oder Einleitung einer Therapie mit Antihypertensiva oder Diuretika oder zu Beginn einer Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika. Unter diesen Bedingungen ist Metformin entsprechend der aktualisierten Fach- und Gebrauchsinformation vorübergehend abzusetzen. Patienten und ggf. pflegende Personen sollten über das Risiko und die Symptome einer Lactatazidose (z.B. Muskelkrämpfe, abdominelle Beschwerden, schwere Asthenie) aufgeklärt werden.
AkdÄ Drug-Safety-Mail 06–2015 vom 30.3.2015
Information zu Sofosbuvir und möglichen Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Anwendung von Sofosbuvir-Kombinationen zur Hepatitis-C-Behandlung und anderen Arzneimitteln, die Bradykardie verursachen, informiert das BfArM über ein mögliches Risiko von Herzrhythmusstörungen, insbesondere von symptomatischen Bradykardien. Das Risiko besteht, wenn Sofosbuvir in Kombination mit Ledipasvir, Daclatasvir oder Simeprevir angewendet wird und gleichzeitig andere Arzneimittel eingenommen werden, die eine Bradykardie verursachen können (z.B. Amiodaron, Betablocker). Bis zum Abschluss des europäischen Bewertungsverfahrens hierzu werden bei entsprechend behandelten Patienten engmaschige EKG-Kontrollen empfohlen. Die Patienten sollten über das Risiko und mögliche Symptome von bradykarden Herzrhythmusstörungen (z.B. Schwächegefühl, Schwindel, starke Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Brustschmerz, Verwirrtheit, Gedächtnisstörungen) aufgeklärt und aufgefordert werden, in solchen Fällen schnellstmöglich ärztlichen Rat einzuholen. Eine bereits laufende Therapie mit diesen Arzneimitteln sollte nicht ohne vorherige ärztliche Beratung abgesetzt werden.
AkdÄ Drug-Safety-Mail 07–2015 vom 31.3.2015
Krankenhauspharmazie 2015; 36(05)