Aktuelle Meldungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ


Bettina Christine Martini, Legau

Zulassungsempfehlung für Afamelanotid (Scenesse, Clinuvel): Das synthetische Peptidhormon soll zur Prävention der Phototoxizität bei Erwachsenen mit erythropoetischer Porphyrie (EPP) als Orphan Drug zugelassen werden. Das synthetische Analogon des alpha-Melanozyten-stimulierenden Hormons stimuliert die Bildung von Melanin in der Haut und führt so zu einer verstärkten Pigmentierung und verringert die Lichtempfindlichkeit. Für Patienten mit EPP ermöglicht dies eine längere Verweildauer an Sonnen- und Tageslicht und kann so die Lebensqualität der Patienten verbessern. Die Zulassung erfolgte unter besonderen Umständen, erstmals wurden Patienten eingeladen, direkt von ihren Erfahrungen zu berichten. Eine Plazebo-kontrollierte Studie kann in diesem Fall nicht durchgeführt werden, weil den Patienten mit Plazebo eine entsprechende Lichtexposition nicht zumutbar ist.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Zulassungsempfehlung für konjugierte Estrogene/Bazedoxifen (Duavive, Pfizer): Die fixe Kombination aus dem Estrogenrezeptor-Modulator Bazedoxifen und konjugierten Estrogenen soll zur Linderung von Estrogenmangelsymptomen bei postmenopausalen Frauen zugelassen werden, für die eine Gestagen-haltige Therapie nicht geeignet ist. Die Frauen sollen eine Gebärmutter haben und seit mindestens zwölf Monaten keine Menstruation mehr gehabt haben. Es wird darauf hingewiesen, dass die Erfahrungen in der Behandlung von Frauen, die älter als 65 Jahre sind, begrenzt sind.

Die konjugierten Estrogene ersetzen den Verlust der Estrogenproduktion bei menopausalen Frauen und lindern die menopausalen Beschwerden. Die Zugabe von Bazedoxifen, das als Estrogen-Rezeptor-Antagonist in der Gebärmutter wirkt, reduziert das Estrogen-induzierte Risiko einer Endometriumhyperplasie.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Zulassungsempfehlung für Nonacog gamma (Rixubis, Baxter): Der Blutgerinnungsfaktor IX soll zur Behandlung und Prävention von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie B (Faktor IX-Mangel) zugelassen werden. Dabei können Patienten jeder Altersstufe behandelt werden.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Zulassungsempfehlung für Olaparib (Lynparza, AstraZeneca): Der PARP(Poly-[ADP-ribose]-Polymerase)-Inhibitor soll für die Erhaltungstherapie erwachsener Patientinnen mit rezidiviertem Ovarialkarzinom zugelassen werden. Die Erkrankung sollte auf eine Platin-basierte Therapie ansprechen (Platin-sensitives Rezidiv), es müssen BRCA-Mutationen (Breast-Cancer-Tumorsuppressorgene) somatisch im Tumorgewebe oder in der Keimbahn nachgewiesen sein und es muss sich um ein hochgradiges seröses, epitheliales Ovarial-, Eileiter oder primäres Peritonealkarzinom handeln.

Olaparib hemmt die zellulären DNA-Reparaturenzyme PARP-1, PARP-2 und PARP-3. Diese sind neben BRCA1 und -2 für die Reparatur von geschädigter DNA zuständig. Fällt ein Mechanismus aus, können DNA-Schäden normalerweise durch einen anderen Mechanismus repariert werden. Allerdings funktioniert bei Zellen mit mutierten BRCA1- oder -2-Genen der Reparaturmechanismus nicht mehr. Wird bei diesen Zellen zusätzlich PARP gehemmt, sterben die Zellen ab.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Zulassungserweiterung für Enzalutamid (Xtandi, Astellas Pharma) empfohlen: Das Antiandrogen soll zukünftig auch bei Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom eingesetzt werden, die nach einer Hormonentzugstherapie symptomatisch (auch leicht symptomatisch) sind und eine Chemotherapie bisher nicht klinisch indiziert ist. Bisher wurde Enzalutamid erst nach Versagen einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie eingesetzt.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Hinweise zu Polymyxin-haltigen Antibiotika (Colistin und Colistimethat): Polymyxin-basierte Antibiotika wurden bereits in den 1960er Jahren entwickelt, sind aber wegen ihrer neuro- und nephrotoxischen Wirkung und ihrer ausschließlich parenteralen Verfügbarkeit bald wenig eingesetzt worden. In der Folge haben sich nur wenige Resistenzen gegen Polymyxine entwickelt. In den letzten Jahren wurden sie wieder vermehrt als Reserveantibiotika gegen multiresistente Erreger eingesetzt. Das CHMP weist darauf hin, dass die Anwendung nur als Reservemedikament bei Patienten erfolgen soll, bei denen andere Antibiotika keine Wirkung zeigen und dass Dosierungsangaben immer in I.E. erfolgen sollten.

Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Warnhinweis zu Ponatinib (Iclusig, Ariad): Zunächst stellte das PRAC ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel und Verstopfung von Arterien bei der Therapie mit Ponatinib fest, dennoch überwiegt der Nutzen die Risiken bei der Behandlung von Patienten mit CML und ALL. Patienten und Ärzte sollen jedoch deutlich auf das erhöhte Risiko für arterielle Thrombosen hingewiesen werden. Die Daten legen nahe, dass das Risiko dosisabhängig ist. Daher empfiehlt das CHMP, bei Patienten in der chronischen Phase einer CML, die gut auf die Therapie ansprechen, die Möglichkeit einer Dosisreduktion zu prüfen. Bei Patienten, bei denen nach drei Monaten keine komplette Remission erreicht wurde, sollte die Therapie abgesetzt werden. Die Startdosis soll weiterhin 45 mg pro Tag betragen.

Mitteilung der EMA vom 10.10.2014, Mitteilung der EMA vom 23.10.2014


Risikobewertung zu Testosteron-haltigen Arzneimitteln: Das PRAC kommt nach einem EU-weiten Review zu dem Schluss, dass durch Einnahme Testosteron-haltiger Arzneimittel kein erhöhtes kardiales Risiko bei Männern besteht. Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen überwiegt der Nutzen von Testosteron nach wie vor die Risiken.

Mitteilung der EMA vom 10.10.2014


Anwendungsbeschränkung von Valproinsäure für Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter empfohlen: Das PRAC empfiehlt Valproinsäure nicht zur Behandlung von Epilepsien oder Bipolarstörungen bei Mädchen und Frauen, die schwanger oder im gebärfähigen Alter sind, einzusetzen, außer wenn andere Therapien nicht wirksam sind oder nicht vertragen werden. Dann müssen jedoch eine wirksame Empfängnisverhütung und eine engmaschige Überwachung erfolgen.

Mitteilung der EMA vom 10.10.2014

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung für Ledipasvir in Kombination mit Sofosbuvir (Harvoni, Gilead): Die fixe Kombination wurde zur Behandlung der chronischen Hepatitis C als Breakthrough-Therapie zugelassen. Es ist die erste zugelassene Therapie, die nicht mit Interferon oder Ribavirin kombiniert werden muss.

Mitteilung der FDA vom 10.10.2014


Zulassung für Netupitant in Kombination mit Palonosetron (Akynzeo, Eisai): Die fixe Kombination aus dem Neurokinin-1 (NK1)-Rezeptorantagonisten Netupitant und dem 5-HT3-Rezeptorantagonisten Palonosetron wurde zur Behandlung von akuter Übelkeit beziehungsweise akutem Erbrechen, induziert durch Chemotherapie, zugelassen. Im Vergleich mit oralem Palonosetron allein hat es eine höhere Effektivität.

Mitteilung der FDA vom 10.10.2014


Zulassung für Nintedanib (Ofev, Boehringer Ingelheim): Der Multikinase-Inhibitor wurde beschleunigt für die Behandlung von Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose als Orphan Drug zugelassen. Nintedanib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der VEGFR 1–3, PDGFR alpha und beta sowie FGFR1–3-kinasen-Aktivitäten hemmt, die für die Proliferation und das Überleben von Endothelzellen und perivaskulären Zellen wichtig sind. Nintedanib verringert bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose signifikant den Abfall der Vitalkapazität im Vergleich zu Plazebo.

Mitteilung der FDA vom 15.10.2014


Zulassung für Pirfenidon (Esbriet, InterMune): Pirfenidon wurde beschleunigt für die Behandlung von Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose als Orphan Drug zugelassen. In der EU ist die Substanz bereits seit März 2011 als Orphan Drug zugelassen. Der Wirkungsmechanismus ist nicht vollständig bekannt, es wurden antifibrotische und antiinflammatorische Eigenschaften in verschiedenen In-vitro-Systemen und Tiermodellen beobachtet. Die Therapie mit Pirfenidon verringert den Abfall der forcierten Einsekundenkapazität im Vergleich zu Plazebo signifikant.

Mitteilung der FDA vom 15.10.2014

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ

Rote-Hand-Brief zu Aceclofenac (Beofenac, Almirall) wegen Anpassung der Gegenanzeigen und Warnhinweise: Das nichtselektive nichtsteroidale Antirheumatikum Aceclofenac ist Diclofenac strukturell ähnlich und wird auch zu Diclofenac verstoffwechselt. Die systemische Anwendung von Diclofenac war kürzlich Gegenstand eines europaweiten Risikobewertungsverfahrens, in dem insbesondere die kardiovaskulären Risiken überprüft wurden. Als Ergebnis wurden für Diclofenac dieselben kardiovaskulären Vorsichtsmaßnahmen wie für selektive COX-2-Hemmer in die Produktinformation aufgenommen. Nun wurden auch die Produkt- und die Fachinformation von Aceclofenac aktualisiert. Aceclofenac ist jetzt kontraindiziert bei Patienten mit bekannter ischämischer Herzkrankheit, peripherer Gefäßkrankheit, zerebrovaskulärer Krankheit oder kongestiver Herzinsuffizienz (NYHA II–IV). Patienten mit diesen Erkrankungen sollten auf eine alternative Behandlung umgestellt werden.

Bei Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz (NYHA I), signifikanten Risikofaktoren für Herzkreislaufereignisse (z.B. Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Rauchen) oder mit zerebrovaskulären Blutungen in der Vorgeschichte sollte eine Behandlung mit Aceclofenac nur nach sorgfältiger Abwägung eingeleitet werden.

Da sich die kardiovaskulären Risiken von Aceclofenac mit der Dosis und der Dauer der Anwendung erhöhen können, sollte die niedrigste wirksame tägliche Dosis über den kürzesten möglichen Zeitraum angewendet werden. Es sollte regelmäßig überprüft werden, ob der Patient noch einer Symptomlinderung bedarf und wie er auf die Therapie anspricht.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 26–2014 vom 9.10.2014

UAW-Meldungen wegen schwerer Hyperphosphatämie nach Anwendung von Phosphat-haltigen Klistieren bei Säuglingen (z.B. Klistier, Fresenius Kabi; 1xKlysma salinisch, Baxter Healthcare): Der AkdÄ wurden zwei Fälle von schwerer Hyperphosphatämie im Zusammenhang mit der Applikation Phosphat-haltiger Klistiere bei Säuglingen gemeldet. Wie in den Gebrauchsinformationen aufgeführt, dürfen Phosphat-haltige Klistiere bei Säuglingen und Kleinkindern (unter sechs Jahren) nicht angewendet werden. Wenn solche Präparate z.B. bei anatomischen Veränderungen länger im Darm verbleiben, kann eine vermehrte Resorption von Natrium und Phosphat mit potenziell lebensbedrohlichen Konsequenzen resultieren. Die berichteten Fälle weisen darauf hin, dass trotz der Anwendungsbeschränkungen phosphathaltige Klistiere bei kleinen Kindern eingesetzt werden – vermutlich aus Unkenntnis der Risiken. Für Säuglinge und Kleinkinder zugelassene Alternativen sind je nach Indikation z.B. Glycerol-haltige Zäpfchen oder Rektallösungen mit Natriumcitrat und Sorbitol.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 27–2014 vom 10.10.2014

In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products). Das PRAC (Pharmacovigilance Assessment Committee) ist für die Risikobewertung von Arzneimitteln, die in mehr als einem Mitgliedsstaat zugelassen sind, zuständig.

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe).

Krankenhauspharmazie 2014; 35(12)