Leitlinie zum Umgang mit Gen-Therapeutika in der Apotheke
AG Onkologie im Ausschuss Klinische Pharmazie der ADKA
Was nach Zukunftsvisionen klingt, ist bereits Realität. Durch den biotechnologischen Fortschritt ist der Einsatz von Gen-Therapeutika mittlerweile zur Behandlungsoption von Erb- und Tumorkrankheiten geworden. In Europa bislang zwar nur im Rahmen von klinischen Studien angewandt, werden in den USA und China bereits zugelassene Präparate eingesetzt. Dies stellt neue Anforderungen an Krankenhausapotheker, die auch hierzulande schon bald für die patientenindividuelle Zubereitung dieser Medikamente verantwortlich sein werden. Im Vordergrund stehen dabei die Risiken, die sich beim Handling von lebenden Viren ergeben, die zur Integration in menschliche Zellen befähigt sind. Ein sicherer Umgang mit Gen-Therapeutika kann erreicht werden. Auf Grundlage von Risikobewertungen sollten ein Training der Mitarbeiter durchgeführt, notwendige Standard Operation Procedures (SOPs) erstellt und Maßnahmen zur Vermeidung von Cross-Kontaminationen mit anderen Medikamenten etabliert werden. Im Folgenden wird eine von der European Association of Hospital Pharmacists (EAHP) entwickelte Leitlinie vorgestellt, die auch deutschen Krankenhausapothekern beim Umgang mit Gen-Therapeutika als Richtschnur dienen soll.
Schlüsselwörter: Gen-Therapie, Adenoviren, sicherer Umgang, Schutzmaßnahmen, Standardanweisung, EAHP-Leitlinie, Apotheke
Krankenhauspharmazie 2009;30:49–56.
English abstract
Guideline for safe handling of gene medicines in the pharmacy
What seems to be a vision of the future is already present today. Biotechnological innovation brings the treatment of hereditary and tumor diseases with gene medicines into reality. Whereas in Europe only used in the setting of clinical trials, licenced gene medicines are already used therapeutically in China and the US.
This leads to new challenges for hospital pharmacists, who are responsible for patient-individual preparation of gene medicines. Particularly of importance are the risks associated with handling of active viruses, which are capable of integration in human cells. Nevertheless, safe handling of gene medicines is possible. Based on risk assessments some important tasks should be performed: Training of staff, development of necessary SOPs and establishment of guidelines for prevention of cross contamination with other drugs. The presented guideline developed by the European Association of Hospital Pharmacists (EAHP) is an important tool for German hospital pharmacists to ensure safe handling of gene medicines.
Keywords: Gene-therapy, adenovirus, safe handling, precaution, standard operating procedures (SOPs) EAHP-guideline, pharmacy
Beurteilung der Interrater-Reliabilität des Dokumentationssystems für arzneimittelbezogene Probleme…
Arzneimittelbezogene Probleme (ABPs) können neben einer ineffektiven Arzneimitteltherapie auch zu arzneimittelbedingter Morbidität und Mortalität führen. Um die Inzidenz von ABPs in den verschiedenen Einrichtungen des Gesundheitswesens und die Effektivität von möglichen Vermeidungsstrategien dokumentieren und vergleichen zu können, sind praxistaugliche Klassifizierungssysteme von ABPs unabdingbar. Hierzu wurde ein Dokumentationssystem für ABPs im stationären Bereich (APS-Doc) entworfen und in der vorliegenden Untersuchung die Interrater-Reliabilität, ein Maß für die Objektivität des Testverfahrens, beurteilt. Mit einem Kappa-Koeffizienten > 0,4 entspricht APS-Doc der allgemein gültigen Anforderung an ein verlässliches Bewertungssystem.
Schlüsselwörter: Arzneimittelbezogene Probleme, Krankenhaus, stationärer Bereich, APS-Doc, Klassifizierungssystem, Gütekriterien, Interrater-Reliabilität
Krankenhauspharmazie 2009;30:58–62.
English abstract
Assessment of the interrater reliability of APS-Doc, a classification system for drug-related problems in inpatient settings
Drug-related problems (DRP) may be the cause of ineffective pharmacotherapy as well as of drug-related morbidity and mortality. In order to track, document and compare drug-related incidences, it is necessary to classify DRP in an applicable manner. Additionally, a classification system should be capable of tracking and documenting the effectiveness of the steps initiated to prevent DRP. APS-Doc (German: Arzneimittelbezogene Probleme im stationären Bereich) is one system created for this purpose. It classifies and documents DRP in inpatient settings. In this respect, an interrater test was performed to assess the reliability of APS-Doc. The results of this study suggest that APS-Doc is a reliable system (Cohen’s Kappa coefficient k > 0.4).
Keywords: Drug-related problems, hospital, APS-Doc, documentation system, performance criteria, interrater-reliability
DokuPik – ein Dokumentationssystem für Medikationsfehler und Interventionen
Teil I Medikationsfehler
Eine Datenbank zur Dokumentation von Medikationsfehlern existiert seit 2004 und entstand im Rahmen der Arbeit der AG Arzneimitteltherapiesicherheit der ADKA. Diese Datenbank wurde erweitert und wird allen Kollegen über ein Online-Portal zur Verfügung gestellt. Zusätzlich soll diese Online-Variante ermöglichen, dass alle Krankenhausapotheker individuell für ihr Klinikum Fehler dokumentieren und somit auch individuell auswerten können. Im Jahr 2008 wurde die AG Dokumentation und Evaluation pharmazeutischer Interventionen neu gegründet. Diese setzt sich unter anderem zum Ziel, eine Datenbank zu entwickeln, mithilfe derer pharmazeutische Interventionen im Krankenhaus dokumentiert werden, um so das Leistungsprofil einer Krankenhausapotheke und der Klinischen Pharmazeuten darstellen zu können. Aufgrund der zahlreichen Schnittpunkte der Daten beider AGs wurde eine Zusammenführung beider Datenbanken beschlossen. Durch inhaltliche Verlinkung beider Varianten (Interventions- und Fehlerdokumentation) kann nun auch variantenreicher dokumentiert werden.
Schlüsselwörter: Datenbank, Arzneimitteltherapiesicherheit, Fehlermeldesystem
Krankenhauspharmazie 2009;30:63–8.
English abstract
DokuPik – a new database for the documentation of medication errors and pharmaceutical interventions
Adka-DokuPik is a new database for the documentation of medication errors and pharmaceutical interventions. Intention of the collection of the data is to get a wide pool of medication errors and examples of pharmaceutical interventions to show activities and efforts as well as the benefit provided by hospital pharmacists. Additionally, a wide variety of medication errors is useful to develop strategies for medication safety. Due to the linkage of both systems it is possible to document in a more various manner.
Keywords: Database, medication safety, medication error reporting system
Evaluation eines innovativen Systems zur elektronischen Compliance-Messung: OtCM (Objective therapy…
Zur Compliance-Messung bei oraler Medikation stellen elektronische Blister den neuesten Stand der Technik dar. Im Rahmen einer Forschungszusammenarbeit untersuchten wir die Funktionalität und Verlässlichkeit des von der niederländischen Firma The Compliers Group (TCG) entwickelten elektronischen Blisters mit dem Namen Objective therapy Compliance Measurement System (OtCM-System). Ziel der Untersuchungen war es, die Eignung des Systems für die Compliance-Messung in klinischen Studien und klinischer Praxis nachzuweisen.
Schlüsselwörter: Elektronische Blister, Compliance, Radiofrequenzidentifizierung, Funktionalität, Verlässlichkeit
Krankenhauspharmazie 2009;30:69–74.
English abstract
Evaluation of an innovative system for electronic compliance measurement: OtCM (Objective therapy compliance measurement)
Electronic blister packages are the current state of the art in electronic compliance measurement with oral medication. The objective therapy compliance measurement (OtCM) system developed by the Dutch company The Compliers Group (TCG) is based on such electronic blister packages. We tested the functionality and reliability of the OtCM system in research cooperation. The aim of our studies was to demonstrate the suitability of the system for compliance measurement in clinical trials and clinical practice.
Keywords: Electronic blister packages, compliance measurement, radio frequency identification, functionality, reliability
Das Antikorruptionsgesetz und dessen Auswirkungen auf den Krankenhaussektor
Die auch im Jahr 2008 bundesweit ungebrochen hohe Zahl an Ermittlungs- und Strafverfolgungsverfahren im Gesundheitswesen in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Vorteilsannahme beziehungsweise Bestechlichkeit verdeutlicht die Bedeutung der Antikorruptionsgesetzgebung für die verschiedenen Leistungserbringer. Wenngleich die Zahl der nachgewiesenen und sanktionierten Bestechungsfälle nach wie vor gering ist, so zeigen doch die wiederkehrenden Ermittlungen, welche Aufmerksamkeit das Thema Korruption im Gesundheitswesen erzeugt und welche Sensibilität bei dem Abschluss von Verträgen und der Entgegennahme von Vorteilen notwendig ist.
Schlüsselwörter: „Antikorruptionsgesetz“, Vorteilsannahme (§ 331 StGB), Bestechlichkeit (§ 332 StGB), Drittmittel
Krankenhauspharmazie 2009;30:75–7.
Gender Medicine Congress 2008 in Heidelberg
Ein neuer Begriff etabliert sich in der Fachpresse: Gender-Medizin. Die Erkenntnis, dass die Entstehung und der Verlauf von Erkrankungen bei Männern und Frauen unterschiedlich sind, wird zunehmend in Forschung und Lehre sowie Weiterbildung von Ärzten und Apothekern thematisiert. Diese noch junge Wissenschaft hat in den letzten Jahren begonnen, die unterschiedlichen Wirkungen von Medikamenten auf den weiblichen und männlichen Organismus zu erforschen, um dadurch Erkenntnisse über geschlechtsspezifische Diagnose- und Therapieansätze zu erbringen. Der Deutsche Pharmazeutinnen-Verband und der Deutsche Ärztinnenbund, Regionalgruppe Baden-Württemberg, haben gemeinsam vom 6. bis 8. Juni 2008 in Heidelberg den Gender Medicine Congress 2008 veranstaltet. An dieser ersten gemeinsamen Veranstaltung von Pharmazeuten und Medizinern nahmen etwa 90 Teilnehmer aus neun Ländern teil.
Krankenhauspharmazie 2009;30:78–9.
Applikation von Lösungsmittel statt gelöstem Wirkstoff
Bei der Überprüfung und Bestandsauffüllung von Haemopressin® (Terlipressin) wurde bemerkt, dass dem Patienten nur das Lösungsmittel verabreicht wurde.
Epoetin-Biosimilars
Bislang keine Hinweise für das Auftreten von Erythroblastopenie
Seit Oktober 2007 ist das Epoetin-alfa-Biosimilar Epoetin alfa Hexal®/Binocrit® in Deutschland im Handel. In klinischen Vergleichsstudien konnte die äquivalente Wirksamkeit zum Originalpräparat gezeigt werden. Auch die Inzidenz für Nebenwirkungen unterschied sich nicht vom Vergleichspräparat und Fälle einer Epoetin-induzierten Erythroblastopenie sind bislang nicht aufgetreten. Diese Daten wurden bei einem von der Firma Sandoz veranstalteten Symposium im Rahmen des 45. Kongresses der European Renal Association und European Dialysis and Transplant Association in Stockholm am 12. Mai 2008 präsentiert.
Tumorerkrankungen
Supportivtherapie mit Filgrastim-Biosimilar
Nach der Einführung von Epoetin-Biosimilars im Jahr 2007 steht mit Ratiograstim® erstmals ein Filgrastim-Biosimilar für die Supportivtherapie von Patienten mit Tumorerkrankungen zur Verfügung. Der rekombinante humane Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktor (G-CSF) ist zugelassen zur Behandlung bestimmter Formen der Neutropenie und zur Mobilisierung peripherer Blutstammzellen. Die von der europäischen Arzneimittelagentur in der Guideline on Similar Biological Medicinal Products geforderte vergleichbare Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Biosimilars gegenüber dem Referenzprodukt wurde nachgewiesen. Eine Zusammenfassung wichtiger Studienergebnisse präsentierte die Firma ratiopharm direct bei der Einführungspressekonferenz in Frankfurt im Oktober 2008.
Organtransplantation
Optimierte Immunsuppression durch polyklonale Antikörper
Trotz der Gabe von Immunsuppressiva nach Organtransplantation kommt es gelegentlich zu Abstoßungsreaktionen. Durch den Einsatz von Anti-T-Lymphozyten-Immunglobulinen kann die Immunsuppression verbessert werden. Bei der von der Firma Fresenius veranstalteten 106. Gesprächsrunde der Münchner Medizin- Journalisten in München am 20. Mai 2008 wurde über die Anwendung von Anti-T-Lymphozyten-Immunglobulinen in der klinischen Praxis berichtet.
Multiple Sklerose
Orale Therapie und weitere neue Ansätze
Die Zukunft der MS-Therapie stand im Fokus eines Symposiums im Rahmen des 81. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, unterstützt von Merck Serono. Mit Cladribin könnte in näherer Zukunft – in etwa ein bis zwei Jahren – das erste oral applizierte MS-Medikament zur Verfügung stehen.
Rheumatoide Arthritis
Tocilizumab: neues Behandlungskonzept
Der Interleukin-6-Inhibitor Tocilizumab besserte in einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie bei Patienten mit mäßiger bis schwerer chronischer Polyarthritis die klinischen Symptome.
Atherosklerose
Primärprävention mit Rosuvastatin?
Bei Erwachsenen mittleren Alters mit einem Atheroskleroserisiko gemäß Framingham-Risikoskala von <10% und Hinweisen für eine leichte bis mittlere subklinische Atherosklerose konnte eine 2-jährige lipidsenkende Therapie mit Rosuvastatin im Vergleich zu Plazebo eine Zunahme der Intima-Media-Dicke der Karotis verhindern. Eine Rückbildung der Veränderung wurde unter Rosuvastatin allerdings nicht beobachtet.
Stabile koronare Herzkrankheit
Die Herzfrequenz als kardiovaskulärer Risikofaktor
Im Rahmen der BEAUTIFUL-Studie (Morbidity – mortality evaluation of the If inhibitor ivabradine in patients with CAD and left ventricular dysfunction) wurde untersucht, ob die Senkung der Herzfrequenz mit dem If-Kanal-Hemmer Ivabradin bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit mit stabiler Angina pectoris und linksventrikulärer Dysfunktion die Prognose verbessert. Nicht in der Gesamtstudienpopulation, jedoch in der Patientengruppe mit einer Pulsfrequenz ab 70 Schlägen/Minute konnten koronare Ereignisse signifikant reduziert werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im Rahmen des Europäischen Kardiologenkongresses (ESC) bei einem von der Firma Servier veranstalteten Symposium in München im September 2008 vorgestellt und diskutiert.
Psychopharmaka bei alten Patienten
Pharmakokinetische und pharmakodynamische Besonderheiten
Psychopharmaka gehören zu den Medikamenten, die bei alten Menschen relativ häufig eingesetzt werden. Doch im Alter müssen pharmakokinetische und pharmakodynamische Besonderheiten dieser Arzneimittel berücksichtigt werden, um gefährliche Risiken zu vermeiden.