„Solange Arzneimittel nicht sicher sind, brauchen wir Apotheker im Krankenhaus, um diese Sicherheitslücke zu schließen“, so das Statement von David Bates, dem US-Mediziner und Spezialisten für Arzneimittelsicherheit auf dem ersten Kongress zur Patientensicherheit mit dem Fokus Arzneimitteltherapie im Krankenhaus vor wenigen Wochen in Saarbrücken.
Eine klare Ansage und eine große Aufgabe. Eine konkrete Herausforderung an die Krankenhausapotheker. Der Krankenhausapotheker als Anwalt der Arzneimittelsicherheit ist die Kernaussage der ADKA-Thesen. Bereits 2002 war das Thema des ADKA-Jahreskongresses „Medikationsfehler“ und mit dem Fokus „Pharmakovigilanz“ werden wir die Sicherheitsaspekte auf der Fachtagung in Mannheim weiter aufgreifen. 2006 wird sich der Kongress in Trier dem Thema „Sicherheit der Arzneimitteltherapie im Krankenhaus“ widmen. Programmatisch und thematisch sind wir also gut aufgestellt. In vielen Einzelprojekten haben Kolleginnen und Kollegen in den Jahren den Zusatzwert (added value) des Apothekers nachhaltig präsentiert.
Hat diese programmatische Ausrichtung alle Krankenhausapotheken erreicht? Wie stellen wir sicher, dass dies ebenso im Bewusstsein von Politik und Entscheidern im Krankenhaus präsent ist? Der proaktive Einsatz von verfügbarer Information, von Erkenntnissen der Pharmakovigilanz und pharmakoökonomisch fundierte Entscheidungsprozesse sind ein Gewinn für das Krankenhaus und die Patienten. Hier liegt auch unsere Bringschuld an Information gegenüber Verwaltungen, Gesellschaft und Politik. Es ist das Recht der Verantwortlichen für eine Investition auch den Gegenwert zu erfahren, und es ist unsere Chance darzustellen, welchen Unterschied es für Verwaltung, Ärzte, Pflege und Patienten bedeutet, eine Arzneimittelversorgung durch die Krankenhausapotheke zu erhalten.
Qualitätssicherung ist nicht umsonst und Qualität spart Kosten.
Das Krankenhaus, das sich von seiner Krankenhausapotheke trennt oder diese in insuffizienter Ausstattung nur als Arzneimittelbeschaffungsstelle nützt, entledigt sich nicht nur einer potenziellen ökonomischen Gewinnoption, sondern es nimmt das Risiko von Qualitätsdefiziten in der Arzneimitteltherapie in Kauf. Fehlbehandlungen im Krankenhaus bedeuten Schaden für die Patienten, Gefahren für die Anwender und können in Zukunft enorme Summen für Regressforderungen zur Folge haben. Priv.-Doz. Dr. Daniel Grandt, Saarbrücken, der Initiator des ersten Kongresses zur Patientensicherheit, nennt die Arzneimitteltherapie im Krankenhaus einen Hochrisikoprozess. Daher ist es folgerichtig, dass Qualitätssicherungssysteme darauf fokussieren: KTQ stellt klare Fragen zur Qualitätssicherung der Arzneimitteltherapie, zum Patientenschutz und zum Anwenderschutz. Der Ausschuss Qualitätssicherung der ADKA hat Antworten zu diesen Fragen veröffentlicht (Krankenhauspharmazie 2004;25:430–7) und das Zukunftspapier der ADKA weist ebenso klare Lösungswege.
Die Entwicklung der Krankenhauspharmazie in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte, klinische Pharmazie ein Produkt, das man erfinden müsste, wenn es nicht schon existierte. Ohne gesetzliche Vorgaben haben Krankenhausapotheker Qualitätsprozesse implementiert und sich aktiv um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie der Krankenhauspatienten engagiert, weit über den gesetzlichen Mindestanspruch der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung hinaus. Das Apothekengesetz definierte bisher Qualität lediglich durch die Festlegung der maximalen Entfernung zwischen Lieferapotheke und Krankenhaus. Diese so genannte Kreisgrenzenregelung (die beliefernde Apotheke musste im selben oder einem benachbarten Kreis liegen) enthielt neben der Überprüfung der Stationsvorräte keine weitergehenden Anforderungen an die Qualitätssicherung der Arzneimitteltherapie oder den Patienten- und Anwenderschutz. Durch die Einrichtung der Filialapotheken wurde die räumliche Nähe allein für die krankenhausversorgenden Apotheken relativiert, da über die Filialapotheken in benachbarten Kreisen der zulässige Versorgungsradius erheblich erweitert wurde. Gleichzeitig haben Landkreisreformen, mit dem Ziel größere Verwaltungseinheiten zu schaffen, die Qualitätsdefinition über die räumliche Nähe nahezu ad absurdum geführt.
Die Aktivität der Politik, diese Vorgabe zu ändern, resultierte bekanntlich aus einem von zwei deutschen Krankenhausketten vor den EU-Gerichtshof getragenen Verfahren, wodurch ein zentraler Arzneimitteleinkauf ermöglicht werden sollte. Die Änderungen des §14 ApoG wurden im April beschlossen und sehen jetzt klar definierte Qualitätsansprüche bei der Fremdversorgung eines Krankenhauses mit Arzneimitteln vor. Der Entfernungsbezug ist aufgehoben, aber die Qualitätsforderungen müssen zeit- und ortsnah erfüllt werden. Es liegt in der Verantwortung der Aufsichtsbehörden zu prüfen und die Nachweise dafür einzufordern, dass eine Sicherstellung der Arzneimittelversorgung gewährleistet ist. Erstmalig findet sich im Apothekengesetz die Notwendigkeit der Beratung von Ärzten und Mitarbeitern des Krankenhauses durch den Krankenhausapotheker als ein unverzichtbarer Teil der sicheren Arzneimittelversorgung sowie die gesetzlich vorgeschriebene Mitgliedschaft des Krankenhausapothekers in der Arzneimittelkommission. Das hat eine neue Qualität. Die ADKA hat in die Diskussion während des Gesetzgebungsverfahrens wiederholt diese und weitere Punkte eingebracht. Dass sich nicht alle Forderungen unserer Seite wiederfinden, war zu erwarten. Deutlich zu erkennen ist aber: die Intention des Gesetzgebers geht in die gewünschte Richtung. Der Erfolg hat immer viele Väter, dass aber gerade in den Reihen der hartnäckigen Ablehnung jeglicher Veränderung, aus denen nie konstruktiver Input geleistet wurde, das Ergebnis als „gewünschter Erfolg“ gefeiert wurde, sorgt für Überraschung.
Arzneimitteltherapie im Krankenhaus ist deutlich mehr als das beliebige Anliefern von billigen Arzneimitteln. Es ist ein Prozess, der Qualitätssicherung braucht, Information und Beratung mit der Fachkenntnis des Heilberuflers. Aus dem Blickwinkel des Anwenders und des Patienten muss zu jeder Zeit das Arzneimittel in der geforderten Qualität, Quantität und mit der individuell benötigten Information zur Verfügung stehen. Dazu braucht es Krankenhausapotheker, die nahe am Geschehen sind, die Abläufe kennen und die notwendige Information zusammen mit dem Arzneimittel bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Optimal geschieht das aus der eigenen Krankenhausapotheke – eine Forderung, die selbst der Vertreter der Versorgungsapotheker in der Anhörung des Gesundheitsausschusses so formulierte. Diese Anforderungen finden sich jetzt im neuen Absatz 5 des §14 Apothekengesetz. Dass diese Forderung analog auch für die mitversorgten Häuser des gleichen Trägers gilt, dürfte die Initiatoren des Verfahrens wenig glücklich stimmen, ist aber im Sinne der Arzneimittelsicherheit sowie des Patienten- und Anwenderschutzes absolut zu begrüßen. Die Überwachungsbehörden haben die Verantwortung, die Einhaltung dieser Anforderungen durch eine gründliche und kritische Prüfung der Voraussetzungen bei der Vertragsgenehmigung sicherzustellen. Auf Initiative der ADKA hat die Bundesapothekerkammer eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Erstellung einer BAK-Richtlinie eingerichtet. Darin werden die spezifischen Qualitätskriterien der Arzneimittelversorgung im Krankenhaus definiert. Diese Richtlinie kann den Überwachungsbehörden zur Unterstützung dienen.
In einer Zeit, da es politisch erklärtes Ziel ist, die Anzahl der Krankenhausbetten und die stationären Krankenhausbehandlungen zu reduzieren, müssen wir als Krankenhausapotheker erkennen, dass damit wesentliche Leistungen des Krankenhauses zukünftig auch im ambulanten Bereich stattfinden. In einer integrierten Versorgung ist es wenig sinnvoll, dass für Patienten, deren ärztlicher Behandlungsablauf kontinuierlich erfolgt, ein Wechsel der pharmazeutischen Betreuung stattfindet. Hier muss die Diskussion ansetzen und die Rolle der Krankenhausapotheke in der integrierten Versorgung und bei medizinischen Versorgungszentren definieren. Gemeinsam mit den Kollegen im niedergelassenen Bereich möchten wir intelligente Lösungen diskutieren und finden. Lösungsvorschläge, wie sie heute vordringlich unter der Vorstellung erfolgen, dadurch vermeintlich günstige Krankenhauspreise in den ambulanten Sektor transportieren zu können, greifen hier sicher zu kurz.
Es wird weiterhin die Arzneimitteltherapie im Krankenhaus geben. Damit braucht es weiterhin kompetente Arzneimittelfachleute zur Sicherstellung der Versorgung in der geforderten Qualität zusammen mit der notwendigen Information und Berücksichtigung patientenindividueller Besonderheiten. Die Krankenhausapotheke bietet dazu die bewährte Lösung in einer funktionierenden und wirtschaftlichen, patientennahen Struktur.
Dr. Steffen Amann, Präsident des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V., Klinikum rechts der Isar der TUM – Apotheke –, Ismaninger Str. 22, 81675 München , E-Mail: praesident@adka.de
Ihre Zugangsdaten
Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber KPH-Abonnent?
Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.