Dr. Maja M. Christ, Stuttgart
Wie lautet die Zulassung?
Der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance, Boehringer Ingelheim) ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz zugelassen. Das Anwendungsgebiet des Beschlusses vom 15. September 2022 umfasst Erwachsene mit einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit erhaltener (HFpEF) und mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion (HFmrEF, Glossar).
Wie lautet der Beschluss des G-BA?
Es besteht ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen.
Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?
Bislang sind keine spezifischen Arzneimittel für die gezielte Behandlung der HFpEF oder HFmrEF zugelassen. Für das Anwendungsgebiet „chronische Herzinsuffizienz“ – insbesondere bei reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) – werden Angiotensin-converting-Enzym-(ACE-)Hemmer, Beta-Adrenozeptor-Antagonisten (Betarezeptorenblocker), AT1-Rezeptorblocker, Diuretika und Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten sowie für Patienten mit HFrEF auch Sacubitril/Valsartan, Dapagliflozin und Vericiguat eingesetzt.
Laut Leitlinienempfehlungen sollen bei HFpEF insbesondere die relevanten Begleiterkrankungen behandelt werden [3]. Bei symptomatischen Patienten mit HFmrEF wird eine Behandlung analog zu Patienten mit HFrEF empfohlen [3].
Für die Nutzenbewertung wurde als zweckmäßige Vergleichstherapie eine optimierte Standardtherapie zur Behandlung der symptomatischen, chronischen HFpEF bzw. HFmrEF und der zugrundeliegenden Erkrankungen (Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus Typ 2, chronische Nierenerkrankung, Dyslipoproteinämien u. a.) sowie der Begleitsymptome festgelegt.
Wie ist die Studienlage?
Die Wirksamkeit von Empagliflozin im Rahmen des neuen Anwendungsgebietes wurde in der Phase-III-Studie EMPEROR-Preserved (NCT03057951) untersucht [1]. Knapp 6000 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen II bis IV mit einem LVEF-Wert ≥ 40 % und erhöhtem NT-proBNP-Wert erhielten 1 : 1 randomisiert entweder täglich 10 mg Empagliflozin oder Placebo, jeweils zusätzlich zur optimierten Standardtherapie gemäß lokaler Leitlinien.
Unter Empagliflozin war das relative Risiko für den koprimären Endpunkt (kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung aufgrund der Herzinsuffizienz) signifikant um 21 % reduziert (p > 0,001). Diese Reduktion wurde jedoch vor allem durch die Hospitalisierungsrate hervorgerufen (Hazard-Ratio 0,71; p > 0,001). Für die Endpunkte „Gesamtmortalität“ und „kardiovaskulärer Tod“ ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Das galt auch für die Lebensqualität und die Endpunkte „Myokardinfarkt“, „Schlaganfall“ sowie renale Endpunkte inklusive chronischer Dialyse, Nierentransplantation oder anhaltende Reduktion der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR). In Bezug auf akute Nierenschädigungen war der Vorteil gegenüber Placebo hingegen signifikant. Zudem traten unter Empagliflozin seltener schwere unerwünschte Ereignisse auf.
Warum hat der G-BA so entschieden?
Auf Basis der positiven Effekte von Empagliflozin (Vermeiden von Hospitalisierung aufgrund der Herzinsuffizienz und von Gesamthospitalisierungen, im Endpunkt akute Nierenschädigung sowie in der Kategorie Nebenwirkungen) wird insgesamt ein geringer Zusatznutzen für Empagliflozin gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie abgeleitet.
Aufgrund von Unsicherheiten der Studie wird die Aussagesicherheit der Kategorie „Anhaltspunkt“ zugeordnet. So kritisiert der G-BA in seinen „tragenden Gründen zum Beschluss“ unter anderem, dass 38 % der gescreenten Studienteilnehmer aufgrund zu niedriger NT-proBNP-Werte ausgeschlossen wurden, obwohl die Zulassung keine Limitationen in Bezug auf NT-proBNP-Werte vorsieht. Der G-BA folgt hiermit einer Stellungnahme der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) [2].
Kosten
Die Jahrestherapiekosten für Empagliflozin liegen bei 660,03 Euro (Stand 09/2022). Hinzu kommen patientenindividuelle Kosten für eine optimierte Standardtherapie.
Glossar
HFrEF: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (LVEF < 40 %)
HFmrEF: Herzinsuffizienz mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion (LVEF > 40–49 %)
HFpEF: Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (LVEF > 50 %)
LVEF: Linksventrikuläre Ejektionsfraktion
SGLT-2: Natrium-Glucose-Cotransporter 2
Nutzenbewertung des IQWiG
Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens
- „Anhaltspunkt“: schwächste Aussagesicherheit
- „Hinweis“: mittlere Aussagesicherheit
- „Beleg“: höchste Aussagesicherheit
Ausmaß des Zusatznutzens
- „gering“: niedrigstes Ausmaß
- „beträchtlich“: mittleres Ausmaß
- „erheblich“: höchstmögliches Ausmaß
[Quelle: https://www.iqwig.de/]
Quellen
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Beschluss. Empagliflozin (Neues Anwendungsgebiet: chronische Herzinsuffizienz mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion LVEF > 40 %) vom 15. September 2022.
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Tragende Gründe zum Beschluss. Empagliflozin (Neues Anwendungsgebiet: chronische Herzinsuffizienz mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion LVEF > 40 %) vom 15. September 2022.
Literatur
1. Anker SD, et al. Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection fraction. New Engl J Med 2021;385:1451–61.
2. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Stellungnahme der AkdÄ zu Empagliflozin (Jardiance®). AkdÄ News 2022–28.
3. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Chronische Herzinsuffizienz – Langfassung, 3. Auflage. Version 3. 2019.
Krankenhauspharmazie 2022; 43(11):457-458