Dr. Maja M. Christ, Stuttgart
Wie lautet die Zulassung?
Olaparib (Lynparza®) ist zur Monotherapie Erwachsener mit mCRPC und BRCA1/2-Mutationen (in der Keimbahn und/oder somatisch) zugelassen, deren Erkrankung nach vorheriger Behandlung (inkl. neuer hormoneller Substanzen) progredient ist.
Außerdem wird Olaparib angewendet zur Behandlung von Ovarial- und Mammakarzinomen sowie Adenokarzinomen des Pankreas.
Wie lautet der Beschluss des G-BA?
Für erwachsene Patienten mit BRCA1/2-mutiertem mCRPC, deren Erkrankung nach vorheriger Behandlung mit Abirateron und/oder Enzalutamid progredient ist, sieht der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
Für Prostatakrebspatienten, für die Docetaxel oder Cabazitaxel patientenindividuell am besten geeignet ist, ließ sich kein Zusatznutzen belegen.
Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?
Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde eine patientenindividuelle Therapie festgelegt, die Abirateron, Enzalutamid, Cabazitaxel bzw. Docetaxel umfasste – unter Berücksichtigung der Vortherapien sowie unter Beachtung der Zulassung.
Wie ist die Studienlage?
Zulassungsrelevant war die randomisierte, parallele, offene Studie PROfound. An der Studie hatten in Kohorte A 245 Männer mit progredientem mCRPC und Mutation im BRCA1- oder BRCA2-Gen teilgenommen, die 2 : 1 auf Olaparib plus Androgendeprivationstherapie (ADT) bzw. Kontrolltherapie randomisiert wurden (Kontrolle: Abirateron plus Prednison oder Prednisolon plus ADT bzw. Enzalutamid plus ADT). Primärer Endpunkt war das radiologisch bestätigte progressionsfreie Überleben (rPFS).
Der G-BA zog für seine Nutzenbewertung Daten des zweiten Datenschnitts vom 20. März 2020 heran mit 102 Teilnehmern unter Olaparib und 58 Teilnehmern in der Kontrollgruppe. Unter Olaparib lebten die Teilnehmer im Schnitt 9,8 Monate ohne Verschlimmerung ihrer Erkrankung, im Vergleich zu 3,0 Monaten unter anderen Arzneimitteln. Das mediane Gesamtüberleben betrug 20,1 Monate versus 14,4 Monate (Hazard-Ratio 0,60; 95%-Konfidenzintervall 0,40–0,91; p = 0,0117).
Sehr häufige Nebenwirkungen waren Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Sodbrennen, Husten, Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen, verringerter Appetit, Schwindel, Dyspnoe, Anämie, Leukopenie, Neutropenie und Thrombozytopenie.
Warum hat der G-BA so entschieden?
In Bezug auf Mortalität und Morbidität (Gesamtüberleben, Schmerzen und symptomatische skelettbezogene Ereignisse) ergaben sich Vorteile für Olaparib gegenüber der Vergleichstherapie. Die Vorteile waren statistisch signifikant und relevant bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit. Zur Einschätzung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität lagen dem G-BA keine für die Nutzenbewertung verwertbaren Daten vor. In Bezug auf die Nebenwirkungen der Therapien ergaben sich keine statistisch signifikanten bzw. relevanten Unterschiede, allerdings gab es unter Olaparib Nachteile bei spezifischen unerwünschten Wirkungen wie Anämie und Übelkeit.
Fazit
Im März 2021 sah das IQWiG für Olaparib für die hier vorgestellte Patientengruppe nur einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen. Nachgereichte Daten zeigten nun ein besseres Outcome hinsichtlich des Gesamtüberlebens und führten dazu, dass der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen bescheinigt.
Für Patienten mit mCRPC und Progress nach hormoneller Behandlung bleibt somit eine weitere Therapieoption erhalten und Olaparib das Schicksal erspart, das Alpelisib im April 2021 ereilte – die Rücknahme vom deutschen Markt aufgrund fehlender Zusatznutzenbescheinigung.
Quelle
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Beschluss über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII –Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V. Olaparib (neues Anwendungsgebiet: Prostatakarzinom, BRCA1/2-Mutationen, Progredienz nach hormoneller Behandlung) vom 3. Juni 2021.
Institut für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Olaparib. (Prostatakarzinom) – Addendum zum Auftrag A20-106.
Krankenhauspharmazie 2021; 42(08):366-366