G-BA-Beschluss

Nintedanib bei idiopathischer Lungenfibrose


Solvejg Langer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Das Präparat Ofev® wird angewendet bei Erwachsenen zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose (unter dem Namen Vargatef® zugelassen zur Behandlung des NSCLC).

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Bei der Neubewertung des Orphan-Drugs nach Überschreitung der 50-Millionen-Euro-Grenze sieht der G-BA für erwachsene Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose im Vergleich mit Best-Supportive-Care (BSC) einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Pirfenidon, das jedoch nur bei leichter bis mittelschwerer idiopathischer Lungenfibrose zugelassen ist, oder Best-Supportive-Care.

Wie ist die Studienlage?

In vier randomisierten, kontrollierten Studien (drei Zulassungsstudien INPULSIS-1, INPULSIS-2, TOMORROW sowie die Studie 1199.187) mit über 1300 Patienten wurde Nintedanib in einer Dosierung von zweimal täglich 150 mg mit Placebo verglichen (beides plus BSC). Pirfenidon wurde nicht untersucht.

Für die Nutzenbewertung wurde eine Metaanalyse der Studien zu patientenrelevanten Endpunkten (Gesamtüberleben, forcierte Vitalkapazität [FVC], adjudizierte akute Exazerbationen, gesundheitsbezogene Lebensqualität, unerwünschte Ereignisse) verwendet.

Ergebnisse

Die jährliche Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC) war in drei Studien der primäre Endpunkt. Es ergab sich ein statistisch signifikanter Vorteil von Nintedanib gegenüber Placebo (p < 0,0001). Für den harten Endpunkt Mortalität gab es jedoch keinen statistisch signifikanten Unterschied. Das Gleiche galt unter anderem für die Endpunkte Belastbarkeit (6-Minuten-Gehtest), Notwendigkeit der Versorgung mit Sauerstoff oder Husten.

Die Lebensqualität wurde anhand der Einzelergebnisse der Studien bewertet, da eine Metaanalyse nicht möglich war. Zwei Studien deuten auf eine Verbesserung hin, die anderen beiden auf eine Verschlechterung, insgesamt ergab sich so wieder kein signifikanter Unterschied.

Ein statistisch signifikanter Vorteil für Nintedanib zeigte sich bei der Zeit bis zur ersten akuten Exazerbation (definiert als Zeit zwischen Randomisierung und dem Auftreten einer erheblichen akuten Verschlechterung der klinischen Situation; HR 0,29; 95%-KI 0,11–0,77; p=0,028) und auch für die Veränderung des respiratorischen Zustands (p = 0,028).

Warum hat der G-BA so entschieden?

Zwar konnte für den Endpunkt Mortalität und auch für einige andere Endpunkte keine Überlegenheit von Nintedanib festgestellt werden, den Vorteil hinsichtlich adjudizierter akuter Exazerbationen und den klinisch relevanten Vorteil im Endpunkt „Veränderung des respiratorischen Zustandes (PGI-C)“ stuft der G-BA aber als so wichtig ein, dass sich insgesamt daraus ein beträchtlicher Zusatznutzen ergibt. Der Vorteil von Nintedanib hinsichtlich der Abnahme der FVC war unter anderem aufgrund von methodischen Mängeln und nicht ausreichender Validierung nicht geeignet, einen Zusatznutzen abzuleiten.

Für den Zusatznutzen gibt es jedoch nur einen Anhaltspunkt, da hohes Verzerrungspotenzial bei den Ergebnissen zur Zeit bis zur ersten akuten adjudizierten Exazerbation besteht. Zudem ist nicht klar, ob die Ergebnisse auf alle Patienten anwendbar sind, da die Studienpopulation nur ein leichtes bzw. mittelschweres Krankheitsbild aufwies.

Quelle

Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss „Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Nintedanib (Neubewertung eines Orphan-Drugs nach Überschreitung der 50 Mio. Euro Grenze)“. https://www.g-ba.de/beschluesse/3989/ (Zugriff am 29.10.19).

Nutzenbewertung des IQWiG

Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens

  • „Anhaltspunkt“: schwächste Aussagesicherheit
  • „Hinweis“: mittlere Aussagesicherheit
  • „Beleg“: höchste Aussagesicherheit

Ausmaß des Zusatznutzens

  • „gering“: niedrigstes Ausmaß
  • „beträchtlich“: mittleres Ausmaß
  • „erheblich“: höchstmögliches Ausmaß

Krankenhauspharmazie 2019; 40(12):581-581