Der Medikationsprozess im Krankenhaus – eine runde Sache


Priv.-Doz. Dr. Claudia Langebrake (Vorsitzende des Wissenschaftlichen Komitees der ADKA)

… unter diesem Motto steht der 44. Wissenschaftliche Kongress des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA), der vom 9. bis 11. Mai 2019 in Berlin stattfindet. Somit drehen sich die Plenarvorträge und auch die Seminare und Workshops um das Thema des „Closed Loop Medication Management“ (CLMM), dem erklärten Ziel der ADKA, bei dem der Patient und die Arzneimitteltherapiesicherheit im Mittelpunkt stehen. Mithilfe des CLMM kann die „6R-Regel“ der Arzneimitteltherapie, bestehend aus dem richtigen Patienten, dem richtigen Arzneimittel, der richtigen Dosierung, dem richtigen Zeitpunkt, der richtigen Applikationsart und der richtigen Dokumentation besonders wirkungsvoll und nachvollziehbar erreicht werden.

Der Medikationsprozess im Krankenhaus ist ein Hochrisikoprozess mit zahlreichen Einzelschritten, an dem verschiedene Professionen beteiligt sind. Die Umstellung des Medikationsprozesses im Krankenhaus vom traditionellen papierbasierten Prozess auf einen CLMM-Prozess bedeutet für alle Beteiligten zunächst große Umstellungen weg von langjährig etablierten Arbeitsabläufen und Gewohnheiten. Sie bietet jedoch die große Chance, den Prozess schlanker und transparenter zu machen. Unter zentraler Einbindung des Krankenhausapothekers, des Fachmanns für Arzneimittel, führt diese Umstellung zu einer höheren Arzneimitteltherapiesicherheit und Patientensicherheit. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Digitalisierung des Medikationsprozesses sowie die aktive Rolle des Apothekers sowohl bei der Herstellung patientenindividueller Arzneimittel als auch bei der Medikationsanalyse und der Optimierung der individuellen Arzneimitteltherapie von entscheidender Bedeutung. Ein enger interprofessioneller Austausch stellt hierbei das zentrale Element dar, um die Abläufe auf den Stationen und die in der Apotheke aufeinander abzustimmen, sodass für alle Beteiligten eine Versorgung mit Arzneimitteln resultiert, die allen Qualitätsansprüchen genügt.

Die Arbeit auf Station, insbesondere in spezialisierten Bereichen wie der Onkologie, der Pädiatrie oder der Intensivmedizin, erfordert eine hohe Kenntnis der Pharmakologie dort verwendeter Arzneimittel, spezieller Applikationstechniken und der Auswirkungen pathophysiologischer Veränderungen auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen. Nicht zuletzt ist der Apotheker vor Ort Ansprechpartner für qualitative und rechtliche Aspekte zur Zubereitung von Arzneimitteln auf Station. Diese Besonderheiten zu erlernen und mit Kollegen zu diskutieren, ist ebenso Gegenstand zahlreicher Veranstaltungen des diesjährigen ADKA-Kongresses, wie auch die unlängst auf Initiative der ADKA ins Leben gerufenen Bereichsweiterbildung „Medikationsmanagement im Krankenhaus“, die speziell auf klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen sowie die Detektion und Beurteilung arzneimittelbezogener Probleme abzielt.

Eine große Bedeutung haben in diesem Zusammenhang ebenfalls die Schnittstellen an den Sektorenübergängen ambulant-stationär und stationär-ambulant. Eine korrekte und vollständige Arzneimittelanamnese bei Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus stellt die Basis für die korrekte Weiterbehandlung dar. An dieser entscheidenden Stelle können bereits frühzeitig eventuelle arzneimittelbezogene Probleme erkannt und behoben werden. Selbstverständlich ist an dieser Stelle eine sorgfältige Dokumentation notwendig, aus der die Begründung für empfohlene Veränderungen in der Medikation hervorgeht. Diese Dokumentation muss für alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Personen sichtbar sein. Auf der anderen Seite kann diese Dokumentation der Leistungsdarstellung des Apothekers im Sinne von Qualitätsindikatoren dienen. Analog sollte auch bei der Entlassung des Patienten verfahren werden, damit auch hier mögliche Änderungen in der Medikation sowohl für den Patienten als auch für die ambulant weiterbehandelnden Kollegen klar dokumentiert und begründet sind.

Eine besondere Rolle für die stärkere Ausrichtung der Krankenhausapotheker auf die patientenindividuelle Arzneimitteltherapie spielt die Arzneimittelinformation, um einerseits komplexe Anfragen zur Arzneimitteltherapie beantworten zu können und andererseits spezielle Ausarbeitungen, die die Arbeit auf Station erleichtern, zur erstellen. Dies können Aufstellungen zur Sondengängigkeit von Arzneimitteln, zur Kompatibilität oder zum Lösen und Verdünnen von Arzneimitteln sein, die einen wertvollen Beitrag zur Sicherstellung einer korrekten Arzneimitteltherapie darstellen.

Nicht zuletzt sei an dieser Stelle die wichtige Funktion beim Umgang mit Lieferengpässen erwähnt, indem an zentraler Stelle in der Krankenhausapotheke Hilfestellungen zum Ersatz von nicht lieferbaren Arzneimitteln erarbeitet werden und somit allen Kollegen in der Apotheke zur Verfügung stehen.

Auch im Rahmen der Herstellung von Arzneimitteln in der Krankenhausapotheke ist das Medikationsmanagement von zentraler Bedeutung: Durch die Verwendung von integrierten elektronischen Verordnungssystemen, die von der ärztlichen Verordnung über die Herstellung in der Krankenhausapotheke bis hin zur Dokumentation der Verordnung seitens der Pflegekräfte reichen, ist hier ebenfalls eine Closed-loop-Versorgung möglich und sinnvoll. So wird nicht nur die Plausibilitätsprüfung in der Krankenhausapotheke durch Zugriff auf die elektronische Patientenakte erleichtert, vielmehr haben auch alle Beteiligten jederzeit die gleiche Sicht auf die Verordnung inklusive möglicher Veränderungen sowie den Status der Herstellung.

Der diesjährige ADKA-Kongress bietet zu allen oben genannten Themenbereichen interessante Vorträge, Seminare und Workshops. Ich freue mich darüber hinaus auf spannende und lehrreiche Kurzvorträge und Poster sowie auf anregende Gespräche und Diskussionen in Berlin.

Auf dass der Kongress ebenso eine „runde Sache“ werde!

Liebe Leserin, lieber Leser, dieser Artikel ist nur für Abonnenten der KPH zugänglich.

Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber KPH-Abonnent?

Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.

Jetzt registrieren