Klinische Studien


Wer bestimmt den Fair Market Value und was ist eigentlich der Grant-Plan?

Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg, für die AG LAUD

Schon in der Heidelberger Resolution haben die leitenden Apotheker der Universitätsklinika vereinbart, die Unterstützung von klinischen Studien als eine Dienstaufgabe für Krankenhausapotheken zu sehen. An den Universitätsklinika sind die Krankenhausapotheken in der überwiegenden Zahl tief in Forschung und Lehre eingebunden, teilweise ist dies sogar in den Universitätsgesetzen der jeweiligen Bundesländer dargelegt.

Bei der Unterstützung von Forschungsvorhaben muss an den Universitätsklinika und somit auch in den dortigen Krankenhausapotheken zwischen im universitären Bereich eigeninitiierten Forschungsvorhaben und der Auftragsforschung für klinische Studien der Pharmaindustrie unterschieden werden. Während erstere aus eigenen Mitteln bestritten werden muss, ist die Auftragsforschung finanziell durch den Auftraggeber sicherzustellen.

Um hierbei unsere Rolle in der Verwaltung und Zubereitung von klinischen Prüfpräparaten darzulegen, haben die Leitenden Apotheker der Universitätsklinika Deutschlands (LAUD*) eine Kostenkalkulation für die Arbeiten im Rahmen von klinischen Studien, die durch die Krankenhausapotheken erbracht werden, erstellt. Dieses als „LAUD-Liste“ bezeichnete Tabellenwerk stellt eine Empfehlung zur Abrechnung der Leistungen von Krankenhausapotheken dar. Es ist somit keine bindende Preisliste – die lokalen Gegebenheiten sind wohl auch zu unterschiedlich, um eine solche bindende Liste zu erarbeiten.

Diese Empfehlung der LAUD wird nun von verschiedenen Seiten bei der Pharmaindustrie nicht akzeptiert. Man argumentiert, dass diese Liste nicht „transparent“ sei und ohne die Mitwirkung der Pharmaindustrie entstanden sei und man ferner verpflichtet sei, dafür zu sorgen, „dass die vereinbarte Vergütung zu der erbrachten Leistung in einem angemessenen Verhältnis steht“. Nun kann man natürlich vorschnell „gegenargumentieren“, dass die erbrachten Leistungen vielfach zu einer Zulassung des Arzneimittels, teils nur in einer neuen Indikation, teils generell, führen und dies zu Milliardengewinnen bei der Pharmaindustrie führt, sodass man vielleicht dieses Outcome auch in den Zusammenhang einer Verhältnisberechnung für eine angemessenen Vergütung zur erbrachten Leistung bringen kann. Sicher ist es nicht in unserem Interesse, so weit zu gehen. Aber unsere Daten, die der LAUD-Empfehlung zugrunde liegen, in Bausch und Bogen mit solchen in meinen Augen „hergesuchten“ Argumenten abzulehnen, ist ein Unding und kann nicht akzeptiert werden. Vor allem, wenn man die weiteren Argumente betrachtet, die vorgebracht werden, um andere, günstigere Arbeitspreise der Krankenhausapotheken zu generieren: Es hätte sich, so hört man, „die Bewertung der Arbeitspreise und Leistungen auf Basis von Software Tools unabhängiger Anbieter (z.B. „Grants Manager“) bewährt, in denen der Fair Market Value durch Abfrage realer Vergütungen ermittelt wird“.

Nun muss man wissen, dass diese „Datenbank“ der Firma QuintilesIMS natürlich für uns komplett intransparent ist. Die Firma QuintilesIMS finanziert sich über Dienstleistungen, die für die Pharmaindustrie erbracht werden, und wird eben von der Pharmaindustrie bezahlt. Wir wissen nicht, wie die Daten z.B. für Stundensätze von an den Studien beteiligten Ärzten oder Apothekern validiert sind. Wie wird ausgeschlossen, dass beispielsweise Studien eingeschlossen werden, in denen auf Herstellkosten komplett verzichtet wird (ja, auch dieses gab es vor allem in der Vergangenheit sehr häufig!) oder in denen Stundensätze in Rechnung gestellt werden, die auf falschen Annahmen beruhen, beispielsweise dem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen eines Arztes, ohne Berücksichtigung von Arbeitgeberkosten, Urlaubs-, Krankheits- oder Fortbildungszeiten oder in denen auf Infrastruktur ohne Berechnung dieser Leistungen zurückgegriffen wird, oder, oder, oder. Ferner ist die Zielsetzung dieses Grant-Plan-Programms eben auch – wie man auf der Homepage eindrucksvoll erkennen kann – klinische Studien für den Auftraggeber so günstig wie möglich zu machen und nicht für den Hersteller im Rahmen dieser Auftragsforschung kostendeckend darzustellen.

Wir bezweifeln – und hierzu haben wir sicherlich allein schon wegen der für uns herrschenden Intransparenz des Grant Plans allen Grund – dass diese Datenbank eine angemessene Grundlage für die Berechnung der Apothekenleistungen im Rahmen von klinischen Studien ist.

Die LAUD-Empfehlung hingegen basiert auf den real dokumentierten Stundenwerten für die jeweiligen Dienstleistungen. Auch die eingesetzten Stundenwerte für die unterschiedlichen Berufsgruppen entsprechen den realen Bedingungen. Viele der Krankenhausapotheken an den Universitätsklinika bieten den bei der Pharmaindustrie Verantwortlichen immer wieder gerne an, in den Abteilungen für klinische Studien zu hospitieren, um sich selbst ein Bild über den enormen Arbeitsaufwand in diesem Bereich zu machen. Vielfach kommt es dann doch schnell zu einem „anderen Denken“, was aber leider genauso oft nicht zu einem Umdenken bei der finanziellen Vertragsgestaltung für klinische Studien führt. Alles in allem eine mehr als frustrierende Situation.

Wir als Krankenhausapotheker erkennen und akzeptieren die enorm wichtige Bedeutung der Pharmaindustrie und der von ihr initiierten klinischen Forschung. Wir wissen, dass viele Patienten nur eine Überlebenschance haben, weil von der Pharmaindustrie neue Arzneimittel auf den Markt gebracht werden (auch wenn wir als „Health Care Professionals“ sicher die Preisgestaltung der „neuen Arzneimittel“ manchmal nur schwer nachvollziehen können).

Nichtsdestotrotz muss eine Krankenhausapotheke als Teil eines Krankenhauses/eines Universitätsklinikums im Rahmen einer Auftragsforschung kostendeckend arbeiten. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet die LAUD beständig an den jeweiligen Empfehlungen und versucht die Pharmaindustrie davon zu überzeugen, dass die vorgeschlagenen Empfehlung nicht dazu dienen Gewinne zu generieren, sondern die klinische Forschung an den Universitätsklinika und anderen forschenden Einheiten im deutschen Gesundheitswesen sicherzustellen. Die klinische Forschung wird in Deutschland auf Dauer Schaden nehmen, wenn sie nicht auskömmlich finanziert ist.

Liebe Leserin, lieber Leser, dieser Artikel ist nur für Abonnenten der KPH zugänglich.

Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber KPH-Abonnent?

Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.

Jetzt registrieren