Dr. Annette Junker, Wermelskirchen
Forscher haben erstmals künstliche rote Blutzellen entwickelt (ErythroMer), mithilfe derer die Vitalfunktionen normaler Erythrozyten nachgeahmt werden. Diese könnten irgendwann – als Notfall-Set von einem Arzt bei sich getragen – nur mit Wasser verdünnt Notfall-Patienten, die dringend Blutkonserven brauchen, appliziert werden. Entsprechende Proof-of-concept-Studien und erste In-vivo-Wirksamkeitsnachweise wurden während des Jahreskongresses der amerikanischen Hämatologen (ASH 2016) im Dezember 2016 in San Diego vorgestellt. Der Bedarf an künstlichen Trägern von Sauerstoff (O2) ist hoch für Fälle, bei denen keine gekreuzten Blutkonserven (Kompatibilitätsprüfung von Empfänger- und Spenderblut) zur Verfügung stehen. Bislang sind aber alle Versuche, Hämoglobin-basierte Sauerstoffträger zu entwickeln, fehlgeschlagen. So wurde beispielsweise in früheren Konzepten Sauerstoff zwar in der Lunge aufgenommen, aber im Gewebe nicht ausreichend wieder freigesetzt oder aber es wurde Stickstoffmonoxid abgefangen, was zur Vasokonstriktion führt.
Die Donut-förmigen künstlichen Zellen mit dem Namen ErythroMer wurden mit Nanotechnologie entwickelt und sind nur etwa ein Fünfzigstel so groß wie menschliche rote Blutkörperchen. In Abhängigkeit vom pH-Wert des Bluts wird von ihnen in der Lunge O2 gebunden und in dem Gewebe wieder freigesetzt, in dem der Bedarf am größten ist. Sie sollen als gefriergetrocknetes Produkt zur Verfügung gestellt werden, das bei Raumtemperatur gelagert werden kann und leicht zu rekonstituieren ist.
In Proof-of-concept-Studien mit Mäusen konnte gezeigt werden, dass ErythroMer Sauerstoff in der Lunge aufnimmt und ihn ins Gewebe transportiert und dort freisetzt. Dies geschah in gleichem Ausmaß wie in der Kontrollgruppe, in der den Mäusen eignes Blut infundiert worden war. Ratten, die durch einen Verlust von 40% ihres Blutvolumens in Schockstarre verfallen waren, konnten mit ErythroMer erfolgreich wiederbelebt werden.
Die nächsten Schritte sollen die Testung an größeren Tieren, Optimierung der Pharmakokinetik und Sicherheitsaspekte sein, bevor dann schließlich klinische Studien mit Menschen initiiert werden. Wenn alles gut verläuft, wird damit gerechnet, dass ein Einsatz von ErythroMer in der menschlichen Medizin in etwa zehn bis zwölf Jahren möglich sein wird.
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