Interview mit Erika Fink, Präsidentin der Bundesapothekerkammer*
Sehr geehrte Frau Fink, auf dem Kongress anlässlich des 100. Geburtstags des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e. V. im Mai 2011 in Berlin überbrachten Sie uns als Präsidentin der Bundesapothekerkammer (BAK) Grüße und Glückwünsche. Dabei war Ihre persönliche Aufgeschlossenheit und Wertschätzung spürbar. Das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit, da wir von Ihrem Engagement für die praktizierte klinische Pharmazie in der Offizinapotheke wissen. Sie haben sich außerdem als Dozentin mit einem breiten Themenspektrum der Fort- und Weiterbildung der Kollegenschaft verschrieben. Daneben führen Sie die Grüneburg-Apotheke in Frankfurt am Main und gehen als Präsidentin der Landesapothekerkammer (LAK) Hessen zahlreichen Verpflichtungen nach. Als Gesprächspartnerin zur Beantwortung der folgenden Fragen sind Sie meiner Ansicht nach also bestens geeignet.
Trabectedin – ein Zytostatikum marinen Ursprungs
Rückblick auf fünf Jahre klinische Erfahrungen
Die bisherigen Erfahrungen mit Trabectedin bei der Therapie fortgeschrittener Weichteilsarkome lassen darauf schließen, dass der Wirkstoff die Erkrankungen häufig anhaltend stabilisieren kann. Die Wirksamkeit des Zytostatikums marinen Ursprungs ist womöglich nicht allein auf Weichteilsarkome beschränkt: Bei der Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms sind es vor allem Patientinnen mit partieller Platinsensitivität, die von einer Kombination aus Trabectedin und pegyliertem liposomalem Doxorubicin profitieren.
Schlüsselwörter: Trabectedin, Weichteilsarkom, Ovarialkarzinom, Kombinationstherapie, Nebenwirkungen
Krankenhauspharmazie 2012;33:389–95.
Erhöhte Arzneimitteltherapiesicherheit
Am Beispiel der Maßnahmen zur raschen Umsetzung der Informationen eines Rote-Hand-Briefs in die klinische Praxis
Informationen zu den Risiken von Arzneimitteln werden den Fachkreisen in Deutschland über sogenannte Rote-Hand-Briefe übermittelt. In der Praxis besteht die Herausforderung darin, die Informationen den behandelnden Ärzten und ihren Patienten rasch verfügbar zu machen. Denn trotz moderner Kommunikationsmittel kann es bei herkömmlicher Arbeitsweise einige Tage dauern, bis die empfohlenen Maßnahmen am Patientenbett umgesetzt werden können. Am Beispiel einer in der Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf eingegangenen Risikomeldung zu Aliskiren-haltigen Arzneimitteln wird im nachfolgenden Beitrag gezeigt, wie es gelingen kann, innerhalb weniger Minuten alle Ärzte und Patienten zu identifizieren, für die die Informationen maßgeblich sind, und rasch Maßnahmen einzuleiten, die notwendig sind, um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie zu erhöhen.
Schlüsselwörter: Rote-Hand-Brief, Arzneimittelrisiko, elektronische Patientenakte, klinischer Pharmazeut
Krankenhauspharmazie 2012;33:397–402.
English abstract
Realization of safety alerts and clinical pharmacists’ interventions in the electronic closed loop medication administration process
Information about urgent recalls, marked withdrawals and safety alerts are communicated in Germany via the so called „Rote-Hand-Brief”. Although fax, internet and email are used for submitting the information the hospital pharmacy is confronted with the difficulty to forward it to the attending physician. In practice it can last days until the therapy of affected patients has been changed.
The University Medical Centre Hamburg-Eppendorf implemented a closed loop medication administration process including CPOE and pharmacy validation. Using the example of a recent urgent safety alert it could be shown that under these circumstances it lasts only few minutes until all affected patients have been identified and clinical pharmacists have informed their doctors and discussed needed action.
Keywords: safety alerts, electronic medical record, clinical pharmacist
Neues Tool der europäischen Pharmakovigilanz: www.adrreports.eu
Mehr Transparenz und mehr Meldungen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen?
Pharmakovigilanz, die Überwachung der Arzneimittelsicherheit, hat in den letzten Jahren politisch stark an Bedeutung gewonnen. Zur Verbesserung der Transparenz und Erhöhung der Meldefrequenz hat die europäische Arzneimittelagentur (EMA) jetzt eine frei zugängliche Website mit Meldungen zu Verdachtsfällen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bereitgestellt. Die Website ist seit Mai 2012 unter www.adrreports.eu in Englisch zugänglich, seit Juni in den 22 offiziellen weiteren EU-Sprachen.
Krankenhauspharmazie 2012;33:403–5.
Onkologie
Individualisierung der Dosis
Zytostatika sind Wirkstoffe mit geringer therapeutischer Breite. Um die Dosis optimieren und an die individuellen Bedürfnisse der Patienten anpassen zu können, müssen zahlreiche Parameter wie Leber- und Nierenfunktion, aber auch molekularbiologische Untersuchungen berücksichtigt werden. Was dabei zu beachten ist, wurde bei einem Workshop im Rahmen des ADKA-Kongresses 2012 in Mainz erläutert.
Seminar im Rahmen des 37. Wissenschaftlichen Kongresses der ADKA
Ergebnisse aus klinischen Studien – Ansatzpunkte für die Krankenhausapotheke
Für viele pharmazeutische Firmen und Prüfärzte ist es essenziell, dass Krankenhausapotheker an den klinischen Prüfungen der Phasen I bis IV mitwirken. Krankenhausapotheker stellen nicht nur die Prüfpräparate bereit, sie tragen auch entscheidend zur Qualität der Studien bei. Darüber hinaus wird immer häufiger pharmazeutischer Rat in Anspruch genommen, beispielsweise wenn es darum geht, neue Rezepturen zu entwickeln oder Herstellungsprozesse und Qualitätsprüfungen zu optimieren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben es den Apotheken, an der klinischen Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten mitzuwirken. Laut Arzneimittelgesetz (AMG) könnte ein Apotheker sogar eine „Prüferfunktion“ einnehmen. Das allerdings muss eigens begründet werden. In der Praxis dürfte sich kaum eine akzeptable Begründung finden lassen, so dass es nach wie vor nahezu unmöglich ist, als Krankenhausapotheke eine „Investigator Initiated Trial“ (IIT) zu initiieren.
Risikobewertung in der Eigenherstellung
Im Rahmen des 37. wissenschaftlichen Kongresses des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e. V. stellten Dr. Norbert Ohem, Frankfurt/Oder, und Jürgen Maurer, Wetzlar, in einem Seminar Verfahren zur Risikobewertung in der Eigenherstellung vor. Die Referenten vermittelten wichtige Hintergrundinformationen und stellten anhand praxisnaher Beispiele den Bezug zur täglichen Arbeit des in der Eigenherstellung tätigen Krankenhausapothekers dar.
Elektronische Patientenakte: aktuelle Entwicklungen
Ein junges Apotheker-Team stellte während des Seminars zur elektronischen Patientenakte, das anlässlich des 37. Wissenschaftlichen Kongresses des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e. V. stattfand, interessante Aspekte dar: Dr. Gesine Picksak, Zentralapotheke der Medizinischen Hochschule Hannover, leitete das Seminar mit einem kurzen Überblick über die Entwicklung der elektronischen Patientenakte (EPA) und deren Vor- und Nachteile gegenüber der Papierakte ein. Im zweiten Teil vermittelte Picksak zusammen mit Florian Scheer, Apotheke der Universitätsmedizin Mainz, den Aufbau der Patienten-Data-Management-Systeme COPRA® (Universitätsmedizin Mainz) und M. life® (Universitätsklinik Hannover). Im dritten Teil des Seminars referierte Dr. Hanna Seidling, Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie der Universität Heidelberg, wie elektronische Entscheidungshilfen optimiert werden können, um die Arzneimitteltherapie sicherer zu machen.
Ambulant erworbene Infektionen der unteren Atemwege
Procalcitonin-gesteuerte Antibiotikagabe unter Praxisbedingungen erfolgreich
In klinischen Studien hat sich der Procalcitonin-gesteuerte Einsatz von Antibiotika bei Patienten mit Infektionen der unteren Atemwege bewährt. Mit der ProREAL-Studie wurde ein solches Therapieregime nun bei unselektierten, größtenteils hospitalisierten Patienten untersucht. Auch hier konnte die Antibiotikagabe gegenüber der üblichen Behandlungsdauer verkürzt werden ohne Nachteile für die Patienten.
Infusionstherapie in der Intensivmedizin
Studie zeigt Benefit von Inline-Filtern
Seit langem ist bekannt, dass im Rahmen einer intensivmedizinischen Infusionstherapie erhebliche Mengen von Kleinstpartikeln ins Gefäßsystem infundiert werden. Ob diese Partikelbelastung klinisch relevant ist, war bisher unklar. In Leitlinien zum routinemäßigen Einsatz von Infusionsfiltern werden dazu keine Angaben gemacht. Dies könnte sich aufgrund einer aktuell veröffentlichten klinischen Studie jedoch bald ändern.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart
Staphylococcus aureus an der Katheterspitze
Eine Indikation zur präventiven antibiotischen Behandlung?
Katheter-assoziierte Blutstrominfektionen stellen eines der häufigsten Probleme der parenteralen Infusionstherapie dar. Häufigste Erreger sind hierbei Staphylococcus aureus (S. aureus) und Koagulase-negative Staphylokokken, gefolgt von Enterokokken und gramnegativen Erregern. S. aureus nimmt dabei eine Sonderstellung ein, da Septikämien durch diesen Erreger mit einem erhöhten Risiko der septikopyämischen Streuung, das heißt Absiedlung von Erregern mit Bildung von sekundären Entzündungsherden, assoziiert sind. In der Literatur sind in der Folge Hirnabszesse, Osteomyelitiden, eitrige Arthritiden und andere eitrige Lokalinfektionen beschrieben worden. Um zu ermitteln, ob bei einem positiven Nachweis von S. aureus an der Katheterspitze in jedem Fall eine präventive Staphylokokken-wirksame Antibiotikatherapie erfolgen sollte, führte eine Autorengruppe aus den Niederlanden eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie durch.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart
Arzneimittelkommission
Checkliste für die Aufnahme von Arzneimitteln in die Arzneimittelliste
Eine amerikanische Arbeitsgruppe aus Krankenhausärzten und -apothekern hat eine Checkliste zur effizienteren Vorbereitung der Arzneimittelkommissionssitzungen erstellt, die zusätzlich auch zur Qualitätskontrolle genutzt werden kann. Der vollständige Artikel mit der ausführlichen Checkliste kann online abgerufen werden (www.plosmedicine.org).
Herzstillstand
Wie sinnvoll ist Epinephrin zur Wiederbelebung?
Die prähospitale Gabe von Epinephrin bei Patienten mit Herzstillstand hat zwar einen kurzfristigen Nutzen, denn bei mehr Patienten kommt es wieder zu einer spontanen Herzaktion. Langfristig scheint sie jedoch eher negative Wirkungen zu haben, denn nach einem Monat waren Morbidität und Letalität der mit Epinephrin behandelten Patienten im Vergleich zu nicht mit Epinephrin behandelten Patienten erhöht.