Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg
Dr. Torsten Hoppe-Tichy, 1. Vizepräsident der ADKA
In der 15. AMG-Novelle hat der Gesetzgeber unter anderem die Anzeige- und Erlaubnisfreiheit der Arzneimittelherstellung unter der Verantwortung des Arztes unmittelbar vor der Anwendung durch Veränderung des § 67 AMG neu geregelt. Diese Neuregelung bringt die auch in unseren Kreisen intensiv diskutierte Verpflichtung zur Anzeige dieser Tätigkeiten bei der zuständigen Behörde mit sich. Zum Umfang der anzeigepflichtigen Tätigkeiten gibt es momentan noch keine konsistente Rechtsauffassung. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat aber im Gespräch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass patientenindividuell unmittelbar vor der Applikation rekonstituierte Fertigarzneimittel und deren Mischungen mit Trägerlösungen (Infusionsmischungen) nicht unter diese Anzeigepflicht fallen sollen. Ob diese Auslegung auch von den Aufsichtsbehörden geteilt wird oder ob diese auf einer Anzeige bestehen, ist im Moment noch offen. Da die Zuständigkeit bei den Bundesländern liegt, ist eine heterogene Interpretation und Umsetzung nicht unwahrscheinlich.
Der Begriff „Rekonstitution“ ist meist als einfacher Prozess im Sinne von Auflösen, Verdünnen oder Mischen definiert. Dabei muss das Arzneimittel schon vorliegen, bevor der Prozess der Rekonstitution erfolgt und darf nicht erst durch den Rekonstitutionsprozess entstehen. Für die Rekonstitution von Arzneimitteln im Sinne von § 4 Nr. 31 AMG ist eine Anzeige nach § 67 Abs. 2 AMG nicht erforderlich. Hierunter fällt sicher das Auflösen von Fertigarzneimitteln nach den Vorgaben der Packungsbeilage. Als „Merksatz“ für die Anzeigepflicht kann man also formulieren: „Alles, was unabhängig vom Einsatzgebiet oder dem Produkt wie im Beipackzettel vorgeschrieben (also der Zulassung entsprechend) zubereitet wird, unterliegt nicht der Anzeigepflicht nach § 67 AMG“. Wird aber erst durch das Rekonstituieren oder Mischen das zu verabreichende Arzneimittel „erschaffen“, beispielsweise bei der Radiomarkierung zugelassener Kits mit 99mTc-Pertechnetat oder beim Beladen von Beads mit einem Zytostatikum, besteht die Anzeigepflicht.
Die jetzige Rechtslage hatte Ärzten und anderen zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Personen erlaubt, Arzneimittel herzustellen und persönlich anzuwenden, soweit dies unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung erfolgte. Genau diese Art der Herstellung – also die Tätigkeiten, die bisher auch unter dem Begriff „Zubereitung zur Anwendung“ subsumiert waren – ist nun, bis auf die im „Merksatz“ beschriebene Ausnahme, anzeigepflichtig geworden. Anzeigepflichtig ist somit zum Beispiel die Vorbereitung zur Anwendung von Mischinjektionen (z. B. Glucocorticoide mit Lokalanästhetika) und Mischinfusionen (z. B. parenterale Ernährung, Mischungen für die Periduralanalgesie). Nach wie vor besteht aber keine Erlaubnispflicht für diese Herstellungstätigkeit. Die Anzeigepflicht betrifft somit die erlaubnisfreie Herstellung nach § 13 Abs. 2b und § 20d AMG. Die Erlaubnispflicht (§ 13 AMG) für die Arzneimittelherstellung bleibt unverändert bestehen. Erlaubnispflichtig ist die Herstellung von allen Arzneimitteln, die auf Vorrat hergestellt werden (Defektur), aber auch von Rezepturen, klinischen Prüfpräparaten (für die in den meisten Fällen sogar eine Herstellungserlaubnis erforderlich ist) und auch für Infusionsmischungen, Mischinfusionen und Mischinjektionen.
Im aktuellen Zielepapier der ADKA findet sich die Forderung, dass alle im Krankenhaus applizierten Parenteralia in der Krankenhausapotheke durch pharmazeutisches Personal hergestellt werden sollen. Wir haben aus Studien zu Medikationsfehlern lernen müssen, dass die Zubereitung zur Anwendung häufig fehlerhaft ist (falsche Lösungsmittel, Rechenfehler, mangelhafte Hygiene). Insofern unterstützt die ADKA jedwede Aktivität, die zur Qualitätssicherung der Arzneimittelherstellung, -zubereitung und -anwendung beiträgt.
Die bei den Behörden eingegangenen Anzeigen sollten vor diesem Hintergrund zentral ausgewertet und im Hinblick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit bewertet werden. Hergestellte Arzneimittelmischungen sollten vor der Applikation in jedem Fall unter die fachliche Aufsicht einer Krankenhausapotheke gestellt werden, damit zunächst eine Bewertung der Kompatibilität der einzelnen Bestandteile der Mischungen und der Arzneimitteltherapiesicherheit erfolgen kann. Die Herstellung von Arzneimittelmischungen aus mehreren Bestandteilen gehört in die Hand von pharmazeutischem Fachpersonal! Dies ist die logische Konsequenz, die aus der Anzeigepflicht nach § 67 AMG resultieren muss.
Wir erachten die Anzeigepflicht für die Arzneimittelherstellung außerhalb der Apotheke als einen „Schritt in die richtige Richtung“. Deshalb fordern wir die verantwortlichen Politiker ausdrücklich auf, diesen Weg weiter zu beschreiten und Regelungen zu treffen, die dazu führen, dass diese Herstellung/Zubereitung mittelfristig in die Krankenhausapotheken verlagert wird. Hierzu bedarf es einer Umverteilung von Personalressourcen, die ausreichend vorbereitet werden muss.
Wir bitten alle Kollegen, die zur Anzeigepflicht nach § 67 AMG bereits Kontakt mit den zuständigen Aufsichtsbehörden haben, über die Auslegung der gesetzlichen Vorgabe an den Geschäftsführer der ADKA, Herrn Klaus Tönne, zu berichten.
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