Informationen auf den Punkt gebracht – mind the gap!


Dr. Steffen Amann und Dr. Cornelia Vetter-Kerkhoff, München

Eine Patientin mit hepatisch metastasiertem Mammakarzinom hat bereits deutlich erhöhte Bilirubinwerte ohne Einschränkung der metabolischen Funktion der Leber. Welches Zytostatikum in welcher Dosierung kann bei dieser Patientin unter palliativem Aspekt eingesetzt werden?

Fragen wie diese erreichen täglich die Krankenhausapotheke oder werden auf Visite gestellt. Krankenhausapotheker bringen Arzneimittelinformation auch aktiv in der Logistik ein, zum Beispiel beim Bearbeiten von Sonderanforderungen. Viele Einzelfallbeispiele machen deutlich, wie notwendig es ist, dass strukturierte, qualifizierte und dokumentierte Arzneimittelinformation die Behandlung unserer Patienten in den Kliniken, aber auch im ambulanten Bereich unterstützt und verbessert.

In Studien wurde ermittelt, dass bei jedem zweiten bis dritten Patienten auf einer klinischen Visite Fragen entstehen, die zu etwa einem Drittel nicht sofort beantwortet werden können. Wesentliche Gründe, warum diese Fragen nicht beantwortet werden, sind Zeitmangel oder die Annahme, es ließe sich keine Antwort finden. Hier braucht es eine niederschwellige Möglichkeit, Fragen zu stellen, Antworten zu erhalten und die Therapie so zu gestalten, wie es nach der aktuellen Wissenslage möglich wäre. Leitlinien, Therapiestandards, clinical pathways sind notwendig und hilfreich, um die Patienten gut zu behandeln. Aber Patienten, die nicht in ein bestimmtes Schema passen, zusätzlich eine seltene Erkrankung haben oder eine Vielzahl von interagierenden Therapeutika erhalten, brauchen eine individualisierte Therapieentscheidung unter Einbeziehung des aktuell verfügbaren Wissens. Oft liegen Erkenntnisse in Veröffentlichungen, bei Spezialisten oder in wenig genutzten Leitlinien. So ist Information grundsätzlich verfügbar, aber sie muss gezielt für den individuellen Patienten, für eine spezielle klinische Situation gesammelt, verdichtet und transportiert werden. Hier setzt die Aufgabe einer Arzneimittelinformation an. Als academic detailer überwinden Apotheker den information gap zwischen Wissen in der Literatur und am Krankenbett. Sie recherchieren Datenbanken und Literaturquellen, Kongressberichte und Spezialisten, um in einem ersten Schritt zu sammeln, dann zu bewerten und schließlich die Information verdichtet und patientenbezogen in das therapeutische Team einzubringen. Damit wird vorhandenes Wissen in die individuelle Therapie übertragen und so die Informationslücke geschlossen. Mind the gap!

Der 1. Deutsche Kongress für patientenorientierte Arzneimittelinformation wird erstmalig in Deutschland eine interdisziplinäre Plattform für diejenigen bieten, die sich für eine Therapieoptimierung durch Arzneimittelinformation engagieren. Auf diesem Kongress wird die Leitlinie „Arzneimittelinformation aus der Krankenhausapotheke“ des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V. vorgestellt. Strukturiertes, qualifiziertes und dokumentiertes Arbeiten sind auch hier die Leitgedanken, um sicherzustellen, dass die Information an das therapeutische Team das Ergebniss für den Patienten verbessert.

Arzneimittelinformation ist kein Hobby oder eine freiwillige Zusatzleistung. Arzneimittelinformation ist auch keine IGeL. Vielmehr sind wir heilberuflich und gesetzlich dazu verpflichtet, und es ist das gute Recht der Ärzte, der Pflege und anderer im therapeutischen Team, die Krankenhausapotheke dahingehend zu fordern: „Der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel zu informieren und zu beraten“, heißt es im §14 des Apothekengesetzes, und diese Beratung muss persönlich und kontinuierlich erfolgen. Das ist Pflicht und nicht Kür! Ähnlich fordern es Qualitätsmanagementsysteme für Krankenhäuser, formuliert in KTQ oder bei Joint Commission. Und nicht zuletzt sind es die Patienten, die einen Anspruch darauf haben, dass für ihre Therapieentscheidung die verfügbare evidenzbasierte Information vollständig herangezogen wird.

Das bedeutet für die Träger einer Klinik aber auch, dass Krankenhausapotheken dahingehend ausgestattet sein müssen. Dass sie räumlich, organisatorisch und personell in die Lage versetzt werden müssen, diese Beratungsleistung zu erbringen. Die Mitglieder im therapeutischen Team müssen ihren Anspruch auf Beratung einfordern und die Krankenhausapotheken müssen sich intern auch auf diesen Schwerpunkt ausrichten. Das ADKA-Statement zur Arzneimittelinformation von 2004 und die neue Leitlinie der ADKA setzen dazu Standards, die wir einfordern und umsetzen müssen. Wir haben im Qualitätsmanagement gelernt: Nur was dokumentiert ist, ist auch geschehen. Als technische Unterstützung ermöglicht die ADKA-Arzneimittel-Info-Datenbank diese Leistungen qualitativ und quantitativ zu dokumentieren.

Das Zeitalter der Information und der Boom der Gesundheitswirtschaft haben längst begonnen. Es ist unsere Aufgabe als Heilberufler, als Apotheker innerhalb und außerhalb des Krankenhauses dazu beizutragen, dass nicht nur Quantität produziert wird, sondern Qualität in der Arzneimitteltherapie für unsere Patienten sichergestellt ist.

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