Die WHO (2002) definiert Pharmakovigilanz als „Wissenschaft und Aktivitäten, die zur Entdeckung, Beurteilung sowie zum Verständnis und zur Vorbeugung von unerwünschten Wirkungen oder anderen arzneimittelbezogenen Problemen dienen“ sowie als „Analysieren und Abwehren von Arzneimittelrisiken“ (WHO, 2004). Die Berliner Deklaration zur Pharmakovigilanz (2005) hebt in diesem Zusammenhang die besondere Rolle des Apothekers hervor.
Im Koalitionsvertrag der großen Koalition wurde im November 2005 vereinbart, die Pharmakovigilanz in Deutschland durch die Gründung von bundesweit 10 bis 12 Pharmakovigilanz-Zentren (PVZ) weiter zu verbessern. Die bereits bestehenden PVZ sind in der Regel unter der Leitung von klinischen Pharmakologen an Lehrstühlen von Universitäten angesiedelt. Ein Informationsaustausch vor Ort findet derzeit zwischen einzelnen Krankenhausapotheken und PVZ statt. Ein systematischer Austausch ist bislang nicht vorgesehen. Ein interdisziplinärer Ansatz ist für eine effektive Pharmakovigilanz unerlässlich.
Die gegenwärtigen Bemühungen auf dem Gebiet der Pharmakovigilanz innerhalb der ambulanten wie stationären Gesundheitsversorgung machen deutlich, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) und -ereignisse (UAE) häufig auftreten und oft vermeidbar sind. Da in der Klinik die medikamentöse Versorgung oft die höchste Komplexität erreicht, ist hier besondere Aufmerksamkeit notwendig und zielführend.
Die Ansatzpunkte für Beiträge der Krankenhausapotheker beginnen bei der Zusammenarbeit mit den Klinikärzten und dem Pflegedienst im Rahmen der Identifizierung, Dokumentation und Meldung einer UAW. Sie setzen sich fort mit der Arbeit der Krankenhausapotheker innerhalb der Arzneimittelkommissionen (AMK) der Krankenhäuser. Dort werden die UAW systematisch erfasst, beurteilt und die erforderlichen Maßnahmen zur Prävention eingeleitet. Bezüglich der Beurteilung ist die Zusammenarbeit mit einer Pharmakovigilanz-Einrichtung erforderlich. Dies kann durch aktiven Informationsaustausch der Krankenhausapotheken mit den PVZ gewährleistet werden.
Bei der Erhebung pharmakoepidemiologischer Daten können Krankenhausapotheker einen wesentlichen Beitrag leisten, da anhand der hier vorliegenden Informationen die Möglichkeit besteht, die Anzahl der UAW-Verdachtsfälle mit der Anzahl der behandelten Patienten pro Arzneimittel zu verknüpfen. Die Krankenhausapotheker wären somit ein „Point of Reference“ für ein Krankenhaus. „Durch die Zusammenfassung vieler/aller Krankenhausapotheker (…) [durch ein Netz von PVZ] ließe sich in Deutschland die Basis für die dringend benötigte Pharmakoepidemiologie etablieren.“ [Reiter, 2005].
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der multidisziplinäre Ansatz innerhalb der Pharmakovigilanz und die Nutzung von Synergieeffekten im Rahmen der Kooperation mit PVZ und dem Krankenhausapotheker als Pharmakovigilanz-Beauftragtem des Krankenhauses die Bemühungen um eine patientenorientierte Qualitätssicherung in besonderem Maße unterstützt.
Literatur
Duthie E, et al. Quantitative and Qualitative Analysis of Medication Errors: The New York Experience. Advances in Patient Safety: From Research to Implementation. Volumes 1, AHRQ Publication No. 050021-1 1. February 2005:131–44.
Poulsen J. The Danish patient safety act: a model for implementation of patient safety procedures. EAHP 2005;11:66–7.
Reiter C. Pharmakovigilanz – die Rolle des Krankenhausapothekers. Eine Vision aus der Industrie. Management & Krankenhaus 2005;24:19.
Schrappe M. Patientensicherheit im Krankenhaus als Gegenstand der Versorgungsforschung. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2006;49:198–201.
Sondergaard B, Herborg H: Incidence of drug-related problems and adverse drug events in primary care. Evidence Report 7. Danish College of Pharmacy Practice, July 2004.
WHO: Pharmacovigilance: ensuring the safe use of medicines. Geneva. World Health Organization 2004 (whqlibdoc.who.int/hq/2004/WHO_EDM_2004.8.pdfhttp://whqlibdoc.who.int/hq/2004/WHO_EDM_2004.8.pdf).
Michael Lueb, Präsident des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V., Evangelisches Krankenhaus Bielefeld – Apotheke im Johannesstift –, Schildescher Str. 99, 33611 Bielefeld, E-Mail: praesident@adka.de
Krankenhauspharmazie 2006; 27(11)