Inkompatibilitäten zwischen Arzneimittel und Infusionslösungen beachten

Anamnese

Ein fünf Wochen alter Säugling wird wegen einer Pneumonie und Diarrhö stationär aufgenommen und erhält Ceftriaxon (i.v.). Um der Austrocknungsgefahr wegen Durchfalls entgegenzuwirken, wird unmittelbar danach über den gleichen Zugang Jonosteril®-Infusionslösung verabreicht. Zwei Stunden später kommt es zu einer massiven Verschlechterung der Lungenfunktion und zu einem drastischen Abfall der Sauerstoffsättigung, sodass der Säugling künstlich beatmet werden muss.

Diagnose

Akutes Lungenversagen bei Calciumkomplexbildung in der Lunge.

Die gemeinsame Anwendung bzw. auch Verabreichung kurz hintereinander von Ceftriaxon und calciumhaltigen Infusionslösungen führt zur Bildung schwerlöslicher Komplexe, die sich in Niere und Lunge ablagern können.

Aktuelle Medikation

Ceftriaxon 1 g i.v. über 60 Minuten
Pharmakotherapeutische Gruppe: Cephalosporin-Antibiotikum

Jonosteril®-Infusionslösung
Pharmakotherapeutische Gruppe: Vollelektrolytlösung. Diese enthält Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium, teilweise Magnesium, Chlorid) in körperähnlicher Zusammensetzung

Pathomechanismus

Ceftriaxon kann aufgrund seiner chemischen Struktur schwerlösliche Komplexe mit Calciumionen bilden. Dem fünf Wochen alten Säugling wurden unmittelbar hintereinander eine Ceftriaxon-Infusion und eine Vollelektrolytlösung, die Calciumionen enthält, verabreicht. Es bildete sich eine schwerlösliche Verbindung, die in der Lunge des Kindes ausgefallen ist. 

Bei Neugeborenen ist die Gefahr einer intravaskulären Ceftriaxon-Calcium-Ausfällung besonders hoch, da Neugeborene im Vergleich zu Erwachsenen eine verlängerte Ceftriaxon-Halbwertszeit und ein geringeres Blutvolumen haben. Ceftriaxon-Calcium-Ausfällung in der Lunge und Niere sind sogar bei getrennten Infusionslinien und unterschiedlichen Anwendungszeitpunkten möglich.

Wichtige Hinweise – Lessons learned

  • Ceftriaxon darf niemals (weder bei Neugeborenen, noch bei Kindern oder Erwachsenen) mit calciumhaltigen Lösungen verdünnt oder verabreicht werden.
  • Das sterile Ceftriaxonpulver wird mit Wasser für Injektionszwecke oder 0,9 % NaCl-Lösung unter Sichtkontrolle gelöst und anschließend verdünnt.
  • Ceftriaxon und calciumhaltige i.v.-Lösungen dürfen nicht gleichzeitig über unterschiedliche Infusionzugänge verabreicht werden. Bei Neugeborenen muss ein zeitlicher Abstand von 48 Stunden eingehalten werden.
  • Bei termingerechten Neugeborenen, die älter als vier Wochen sind, dürfen calciumhaltige Elektrolytlösungen und Ceftriaxon i.v. nacheinander gegeben werden, wenn dazwischen die Infusionsleitung gründlich mit physiologischer NaCl-Lösung gespült wird.
  • Generell sollen Antibiotika zur i.v.-Gabe nicht mit anderen Wirkstoffen gemischt werden, es sei denn, die Kombination ist laut Fachinfo erlaubt.

Diesen Fall haben für Sie zusammengefasst
Christine Schnitzer, Dr. med. Anja Knüppel-Ruppert, Prof. Dr. med. Harald Dormann, Dr. rer. nat. Barbara Pfistermeister

Quellen

Kontakt

Klinikum Fürth
Studienzentrale der Zentralen Notaufnahme
Jakob-Henle-Straße 1
90766 Fürth

Falls Sie Fragen zu den Nebenwirkungen des Monats haben, schreiben Sie uns eine E-Mail an: zna-studienzentrale@klinikum-fuerth.de